Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) „entschlackt“ die traditionellen RTF-Fahrten und CTF-Touren, bei denen Hobby-Radfahrer gemeinsam eine bestimmte Strecke fahren. Ab Januar soll es ein eigene BDR-App für Termine, Anmeldung und Co. geben. Auch das Punktesammeln und die Rückennummern sind passé. Stattdessen wird nach Kilometern abgerechnet.

Was bringen die BDR-App und die RTF Neuerungen?

Der BDR sorgt für frischen Wind in der RTF-Szene, in dem er alte Zöpfe abschneidet und das RTF-Wesen reformiert. Eine neue BDR-App soll das Finden von RTF-Terminen ebenso erleichtern wie das Anmelden. Auch die Vereine sollen dadurch weniger Arbeit haben. Das Wichtigste in Kürze:

  • Es kommt eine neue BDR-App. Sie soll ab 1. Januar 2023 an den Start gehen und ist kostenlos. Sie enthält Daten des Nutzers und den Terminkalender mit den Daten der Vereine und Veranstaltungen.
  • Über die BDR-App kann man sich bei RTFs anmelden und die gefahrenen Kilometer erfassen. Vereine geben dort ihre Veranstaltungen zur Buchung frei. Die RTF-Anmeldung erfolgt ab dann also über die BDR-App (und nicht neben der Kuchentheke, nachdem man sich schon einen gut gefüllten Teller für den Nachmittag hat zurücklegen lassen).
  • Die rote BDR-Wertungskarte fällt weg. Und: die Rückennummer fällt ebenfalls weg. Laut BDR gab es ohnehin „keine rechtliche Verpflichtung, sie zu tragen“ (ja, verflucht, wozu habe ich mir eigentlich die ganzen Jahre die Fingerkuppen mit Sicherheitsnadeln durchlöchert?).
  • „Es entfallen auch die Jahresauszeichnungen“. Damit sind Abzeichen, aber auch die erwähnten Kacheln gemeint.
  • Alle Touren werden jetzt über Kilometer abgerechnet, gekennzeichnet nach RTF-Kilometern, CTF-Kilometern, Radwander-Kilometern oder auch virtuellen Kilometern.
  • Es gibt neu eine „Breitensport-Lizenz“ in Verbindung mit der App. Sie berechtigt zum vergünstigten Startgeld und ersetzt die bisherige Wertungskarte. Nach Absolvieren der Strecke werden die gefahrenen Kilometer im Ziel elektronisch dem individuellen Konto des Teilnehmers gutgeschrieben.
  • Die künftige Breitensportsaison verläuft jetzt analog zum Kalenderjahr von Januar bis Dezember.
  • Künftig entfällt auch das starre Kilometersystem (bisher waren Strecken immer ungefähr 70, 110 oder 150 km lang). Eine RTF-Strecke muss zwischen 20 und 199 km sein und wird dann gewertet.
  • Neue Veranstaltungen sind GPS-RTF/CTF, die ohne Beschilderung auskommen oder das Mini-Brevet.
  • Mehr Infos www.rad-net.de/

Die BDR-App steht ab Januar laut BDR-Pressemitteilung für Jeden und Jede kostenlos zum Download und zur Nutzung bereit. Aber nur BDR-Mitglieder haben mit der neuen „Breitensport-Lizenz“ den Startgeldvorteil. Die Kilometer der Mitglieder werden addiert und kommen in die Ranglisten der Verbände.

Was ist eine RTF oder CTF?

Wer schon länger Rennrad oder Mountainbike oder Gravel Bike oder alles fährt, hat früher oder später einmal Bekanntschaft mit einer RTF oder CTF gemacht, oder zumindest davon reden hören. Falls nicht: Das eine Kürzel steht für Radtouristikfahrt. Es meint eine Fahrt, bei der eine bestimmte, ausgeschilderte Strecke bewältigt werden soll. Das Geschaffte wurde bisher an Verpflegungsstellen und am Ziel mittels Stempeln beglaubigt und für Vereinsfahrer*innen mit Wertungskarte am Ende des Jahres mit Punkten vergolten. Für alle anderen Teilnehmer*innen geht es nur um den Spaß am Rennradfahren in der Gruppe oder das Kennenlernen neuer Gegenden.

Fun Fact: Dass Rennradfahrer*innen neue Regionen und Strecken erkunden, war immer auch Ziel der RTF und CTF – letztere sind sozusagen die Offroad-Version der RTF. Und das Erkunden steckt ja auch im Wort „Touristik“. Heutzutage sammeln aber Digital Natives auf dem Rennrad Landkarten-Kacheln auf Wandrer.earth und Strava, indem sie selber auf eigene Faust neue Gebiete erkunden und die Strecke planen sie auf digitalen Plattformen wie Komoot oder bikerouter.de. Und just echte Kachel – für die Wand! – gab es als Belohnung vom BDR für besonders eifrige Punktesammler… aber ich schweife ab.

Man merkt, Neuerung tat Not. Denn Fakt ist auch: Die RTF und CTF hat völlig zu Recht viele Fans, denn es ist eine der wenigen Gelegenheiten, außerhalb von Radrennen in großen Gruppen gepflegt Rennrad zu fahren. Bei 35 km/h Schlagloch anzeigen und einen plötzlichen Schlenker fahren – you name it! Das führt zu eigenen Regeln und langjährigen Traditionen, von denen wir die wichtigsten in unseren Goldenen Regeln für RTF-Fahrer verewigt haben. Der BDR selbst spricht auch von einer „RTF-Szene“.

Weiter keine RTF ohne Schilder und Waffeln

Etwas bleibt beim Alten: RTFs oder CTFs und ein Radmarathon müssen laut BDR ausgeschildert und gekennzeichnet sein. Außerdem sind die ausrichtenden Vereine verpflichtet, eine vernünftige Verpflegung anzubieten. Nur wer diesen Service bietet, darf sich laut BDR das Gütesiegel „RTF“ anheften. Für alle, die das nicht wollen, gibt es zudem neue Veranstaltungsformate. Dazu zählen GPS-RTF/CTF, Brevet oder auch das neue Mini-Brevet.

Was sagt ihr zu den neuen RTF-Regeln?

Hier gibt es bereits eine Diskussion zur RTF-Reform im Forum.

Text/Foto: Jan Gathmann
  1. benutzerbild

    steppison

    dabei seit 03/2011

    Und um hier auf die "Egoisten" einzugehen: wer macht den Planeten platt bzw. hat das Jahrzehnte lange gemacht? Wer fährt die fetten Autos, wer hat Ställe voller Schweine im seinem Leben gefuttert? Wer rollt mit dem großen Wohnmobil durch die Gegend und stellt alle Straßen zu? Wer steht mittlerweile in Seitenstraßen, blockiert Anwohnerparkplätze und pennt "Vanlife" mäßig im tollen Bulli. Jedenfalls nicht die, die heute auf die erste Midlifecrisis zusteuern.

    Den Niedergang der Vereine den wenigen nachkommenden anzulasten ist daneben.

  2. benutzerbild

    handbuilt_and_british

    dabei seit 07/2019

    Grundsätzlich finde ich die Neuerungen gut und zeitgemäß.

    Betrachte das allerdings aus der Ferne, da ich in meiner aktiven Zeit genau 1x eine RTF zum Training mitgefahren bin und mir das viel zu gefährlich ist. Ich habe keine Lust von einem Gelegenheitsradler vom Rad geholt zu werden.....

  3. benutzerbild

    Ivo

    dabei seit 10/2008

    Das stimmt zu 50% Bin selber jahrelang Mitglied in einem Verein gewesen. Leider hat die "Gründergeneration" alle Vorschläge um den Verein attraktiver zu machen torpediert. Aktives mitmachen wie Trainingslager für ein Wochenende organisieren, das Ausarbeiten von neuen RTF Strecken usw. war nicht erwünscht. Dafür sollte man dann als einfache Arbeitskraft für deren wirre Projekte dienen. Darauf habe ich den Verein verlassen. Denke mal das wird in vielen Vereinen so sein. Also nicht nur eine Generation von Egoisten.

    So kenne ich es auch, von meinen alten Verein hier im Ortsteil. Also hab ich mich halt einen anderen Verein gesucht, dort aktiv geworden (sehr aktiv), einen Verein der wol sichselbst ständig neu erfindet.
  4. benutzerbild

    yokuha

    dabei seit 12/2020

    Das ist aber einfach gedacht. […]
    Das aber auch!

    Ja, x-life balance ist tatsächlich wichtig (wird aber oft auch zu wichtig/sprichwörtlich genommen). Familie, Kinder und die Arbeit nehmen viel Zeit in Anspruch.
    Egal ob Bommer, Generation X/Y/Z/whatever oder aus der Zeit dazwischen. Bei vielen(?) von uns ist die Arbeit auch nicht mit 9–5 getan und Großeltern sind evtl. weit weg um mit den Kids zu helfen…
    Aber wer 5–15 h/w Rad fahren kann sollte es trotz allem schaffen, 5–10 h pro Jahr bei einem Event zu helfen! Und häufig ist das tatsächlich das Problem – bei uns (im Verein) ist/wäre es überhaupt kein Problem die „Cheforganisatoren:innen“ zu finden, wenn es denn nicht so dramatisch schwierig bis unmöglich wär die 30 Leute zu finden die den einen halben/ganzen Tag mithelfen…
    Und da ist tatsächlich schon eine gehörige Portion Egoismus dabei.
  5. benutzerbild

    Netzmeister!

    dabei seit 03/2022

    Als ehemaliger und langjähriger RTF-Fachwart und aktiver Helfer ist mir der Aufwand für jeden Einzelnen durchaus bewusst und meine Angaben beruhen auf entsprechender Erfahrung.
    Wenn man vernünftig plant und sich auf (leider immer dieselben) Helfer verlassen kann, ist das alles machbar.

    Dass Familie und berufliche Belange an erster Stelle kommen, ist selbstverständlich.
    Wer jedoch die Zeit hat: es muss ja nicht von A-Z geholfen werden. Ich habe meine Helfer so eingeteilt, dass sie auch nur an einem Tag zum Gelingen beigetragen haben. Wer z.B. am Samstag hilft, kann dann am Veranstaltungstag eine Tour fahren - und ggf. beim Abbau noch mitanpacken.

    Wie heißt es so schön: Viele Hände-schnelles Ende. Aber die muss man eben erst einmal finden. Und große Mitgliederzahlen bedeuten noch lange nicht, dass so eine RTF/CTF durchführbar ist. Manchmal habe ich das Gefühl, dass bei kleineren Vereinen der Enthusiasmus größer ist.

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