Angst vor den Hürden? Sorge um die empfindlichen Teile beim Wiederaufspringen? Oder Lust am Dreck? Wie fühlt sich ein Anfänger bei seinem ersten Cyclocross-Rennen? Das haben wir einen Teilnehmer des Dorstener Cyclocross-Rennens gefragt.

Der Dorstener Cyclocross bildete in diesem Jahr die Auftaktveranstaltung zum neu geschaffenen GENESIS NRW-Cross-Cup powered by Panarcer & Alexrims. Weitere 3 Rennen stehen in Nordrhein-Westfalen bis Dezember noch auf dem Programm.

Hallo Ingo, wann hast Du die Entscheidung getroffen, an Deinem ersten Cyclocrossrennen teilzunehmen? Was hat Dich daran so gereizt?

Ich habe von der Möglichkeit Cyclocrossrennen zu fahren von einem Bekannter erfahren. Witzigerweise haben wir darüber bei einem 24h-Radrennen gesprochen. Mein Bekannter kommt aus dem Münsterland und hat diverse CX-Rennen direkt vor der Haustüre, beziehungsweise in erträglicher Reichweite. Seine Erzählungen klangen großartig. Hinzu kam, dass ich mich als frischer Familienvater an andere mögliche Trainingszeiten gewöhnen musste. Lange Ausdauerfahrten wurden seltener, kurze intensive Einheiten wurden attraktiver. Weiter denke ich, bin ich empfänglich für Wettkämpfe. Daher habe ich mich Anfang August nach Startmöglichkeiten umgesehen.

Ingo Insta Dorsten
# Ingo Insta Dorsten


War das Deine erste Veranstaltung dieser Art?

Für mich war es das erste Rennen im Querfeldein-Bereich und ich bin mit sehr gemischten Gefühlen nach Dorsten gefahren. Ich befürchtete vorab Rutschpartien, akute Sturzgefahr, geprellte Schultern und geifernde Zuschauer im Falle eines Falles. Vor Ort war nur noch Nervosität davon übrig geblieben und diese wandelte sich im Laufe des Rennens zu Euphorie.

War es schwer einen Startplatz zu bekommen?
Nein, die Anmeldung war über rad-net.de problemlos möglich, auch noch wenige Tage vor dem Event. Ein Formular, eine Überweisung und schon kam die Meldebestätigung per Email.

Cyclocross-Rennen in Dorsten 2017 1
# Cyclocross-Rennen in Dorsten 2017 1 - Die Spitzengrupper der Männer Elite mit Ben Zwiehoff in der Führung. Foto: Ingo Hoff

Wie fandest Du die Streckenführung?
Da ich zum ersten Mal eine solche Strecke befuhr, hielt ich mich in der ersten Runde am Ende des Feldes auf und sah mir die Hindernisse „in Ruhe“ an. Ich empfand die Strecke, ohne eine Andere zuvor gesehen zu haben, als abwechslungsreich, sportlich fordernd, aber nie zu hart für einen Einsteiger, wie ich es eindeutig war. Es gab an Hindernissen, neben den üblichen Hürden und dem obligatorischen Sandkasten, unter anderem eine Schnecke auf matschiger Wiese, eine Wasserdurchfahrt, ein aus Paletten gebautes, tretlagerkitzelndes Technikhindernis.

Wurde bei dem Dorstener CycloCrossCup auch freundlich gefahren? Oder ist es eher Puls 200 mit Ansage?

Die Fahrer in meiner Klasse waren sportlich fair, kollegial, und zu keiner Zeit hatte ich das Gefühl, ich würde unter sich selbst überschätzenden Jägern der goldenen Ananas fahren. Jeder wusste, was er machte, und das, obwohl natürlich jeder mit einem Puls am oberen Ende um den Rundkurs jagte.

Wie war die Stimmung? Freunde gefunden?
Die Stimmung war super. Einen kurzen Moment ohne Höflichkeiten untereinander gab es nur, als die Plätze in der Startaufstellung ausgesucht wurden. Da drängten alle möglichst weit nach vorne. Warum das so ist, habe ich später schnell gemerkt. Überholen kostet oft viel Kraft. Vor und nach dem Rennen wurde geplauscht: Vereinszugehörigkeiten wurden geklärt, das übliche „kennst-du-dann-auch-den-aus-deinem-Verein“-Gespräch wurde genauso geführt, wie die Materialfragen geklärt wurden. Sogar der Fehdehandschuh zur Revanche bei kommenden Rennen wurde geworfen.

Wie lief dann das Rennen konkret für Dich?

Leider konnte ich mir vor dem Rennen keinen Eindruck von der Strecke verschaffen, denn der Familienzeit geschuldet, war ich „zeitnah“ zum Start angereist. Ein Fehler, wie sich herausstellte. Dementsprechend verhalten ging ich an den Start. Da es kein Qualifying oder dergleichen gab, durfte man sich seinen Platz in der Gruppe aussuchen, wobei in den Gesichtern schon klar ablesbar war, vor wem man sich nicht aufzustellen brauchte. Bereitwillig ordnete ich mich daher am Ende des Feldes ein.

Als für den Start runtergezählt wurde, begann die Welt zu schrumpfen. Neben der Strecke wurde nebensächlich. Mit einer Radlänge Abstand folgte ich meinem Vordermann. Über einen gepflasterten Weg ging es zügig voran, dennoch hörte ich meinen Freilauf oft. Die Menge war vor der ersten Kurve noch dicht beisammen. Mit der Kurve änderte sich auch der Untergrund. Am Morgen hatte es noch reichlich geregnet. Die Wiese, die wir nun befuhren, war noch weich, aber nicht vom Wasser glänzend nass. Mit einem Mal änderte sich das Tempo und das Feld vor mir scherte aus. Es ging über die ersten Hindernisse. Drei flache, crosstypische Bretter mit vielleicht 5m Abstand zueinander.

Absteigen hieß es nun. Eine Übung, die jemandem, der oft mit dem Rad in der Stadt unterwegs ist, leicht fällt. Jedenfalls, wenn man es wie Oma machen möchte.

Runter, Rad angehoben und rüber. Man lernt schnell, wie hoch das Rad gehoben werden muss. Ein unvermittelter Schlag ans Vorder- oder Hinterrad bringt ganz schön Unruhe in das Laufen. Was nicht unbedingt in der Stadt benötigt wird und daher bei mir auch nicht gut klappte, war das Aufspringen. Ich hatte es auf crossigen Touren mit Freunden auch immer vermieden zu üben. Man könnte sagen, dass ich es geschwänzt habe und dafür in Dorsten die Retourkutsche bekam. Zum einen musste ich zusehen, wie die Fahrer vor mir größtenteils geschmeidig auf das Rad glitten und Boden gutmachten, zum anderen war jeder meiner Sprünge schmerzhaft. Entweder schlug ich mit dem Knie oder dem Knöchel am Rad an und schnell war meine durch Unvermögen gekennzeichnete Methode auch nicht.

Wieder auf dem Rad sitzend ging es für das Feld in eine Schnecke. Einen enger werdenden Kreis mit über 30 Fahrern zu fahren ist schon eine harte Aufgabe. Ein Bremser vorne führte direkt zu Unruhe im ganzen Feld. Trotzdem konnte ich in der Schnecke durch Mut zur Lücke die ersten Plätze gut machen. Ab dem Zentrum der Schnecke, dem Wendepunkt hieß es Feuer. Eine weiter werdende Kurve auf Gras ging über in einen festgetretenen Trampelpfad. Die Wiese, die einen förmlich nicht vorwärtskommen lassen wollte, war bezwungen. Mein Puls durfte sich wieder etwas erholen, als ich auf die vor mir fahrenden Fahrer aufgeschlossen hatte und keinen Platz zum überholen fand. Für die Möglichkeit, sich auszuruhen ist Querfeldein allerdings nicht bekannt, und auch die Strecke in Dorsten lies das nicht zu. Eine Brücke musste laufenderweise überquert werden. Irgendwer hatte eine Stolperfalle am Brückenkopf abgelegt. Reichlich frech.

Also wieder, souveräner runter und schmerzhaft und langsam drauf. Neidisch schaute ich dem bis vor kurzen noch hinter mir Platzierten hinterher. Klarer Fall von Fahrtechnik obsiegt, wie ich es noch oft dieses Rennen erleben werden würde.

Das nächste Hindernis war  für das Tretlagerzerschmettern beziehungsweise für das Aushebeln mit den eigenen Pedalen gemacht.

3 sehr spitze aufeinander folgende Kuppen mussten überfahren werden bevor es weiter über eine matschige Wiese ging. Was folgte, war was bisher fehlte zum Crosserglück: Einen Erdwall hoch zu müssen, gefolgt von Sanddurchfahrten. Auf dem Erdwall angekommen, musste Schwung mitgenommen werden. Aus den zuvor gestarteten Klassen waren einige Spuren im Sand zu sehen. Keine war geradlinig über die gesamte Länge. Das gefiel mir gar nicht. Ich war zuvor nur einmal mit dem Crosser im tiefen Sand.  Bis zur Hälfte der Sandgrube kam ich mit dem vom Erdwall gewonnen Schwung, der Rest musste durch Dampf bewältigt werden. In einer späteren Runde würde ich hier sehen, was passiert, wenn einem bei voller Geschwindigkeit das Vorderrad aus der Spur rutscht bzw.  einem Schlenker der Spuren folgen will. Akrobatisch sehenswert, jedoch nicht unbedingt nachahmenswert.

Aus der Grube raus, merkte ich, dass eine 180°-Kehre folgte und noch einmal durch den Sand gefahren werden musste, dieses Mal leider ohne Schwung. Festen Untergrund unter den Rädern wagte ich, einen Blick auf den Tacho, um meine Herzfrequenz zu sehen. Das Wummern in meiner Brust hätte mir eigentlich genügen müssen. Knapp 190 Schläge verrieten mir, dass die 30 Minuten kein Zuckerschlecken werden würden.

Über gepflasterte Wege ging es weiter Richtung Höhepunkt der Strecke, dem Gemeindehaus Wulfen. Zuvor musste jedoch noch der entweder über die Ufer getretene Barkenbergsee durchfahren werden oder jemand hatte die Strecke und eine Parkbank absichtlich direkt ins Wasser gesetzt. Es folgte die spannendste Trageeinheit der Strecke: ein paar Stufen hoch, durch eine Tür ins Gemeindehaus 3 weitere Stufen hoch und vorbei an den Zuschauern, die gut gelaunt bei Kaffee&Kuchen und etwa 100 bpm weniger als die Fahrer auf der Strecke grölten. Aus dem Gemeindehaus ging es etwas verwinkelt durch die Fronttür raus und direkt in die Zielkurve.

In den folgenden Runden sollte ich mit der Strecke und den Hindernissen wärmer werden. Ich versuchte sogar mein Absteigen und Aufspringen auf ein Mindestmaß zu verbessern.

Es war Runde 4, dass ich wie ein Stempel auf ein Stempelkissen gedrückt mich nicht mit Tinte sondern mit Matsch tränkte.

Nach einem kurzen Fluch gegen Himmel ging es jedoch dank der weichen Wiese weiter. Zum Glück hatte das keiner gesehen.

Nach 6 Runden und knapp über 40 Minuten im Ziel angekommen war sämtliche Nervosität umgewandelt in Euphorie und dem Wunsch, weiter zu fahren bzw. das ganze sofort nochmal zu machen. Nicht alle Fahrer hatten einen ähnlichen Gesichtsausdruck, ich bin mir aber ziemlich sicher, dass wenigstens 1-3 Tage danach wieder alle so dachten. Aus diesem Grund möchte ich jedem sagen, der noch unschlüssig vor der Entscheidung steht, ob sie oder er ein solches Rennen fahren soll: Mach es einfach!

Welche Ausrüstung hattest Du, also was für ein Rad und welche Kleidung? Zufrieden damit oder hat Dir irgendwas unterwegs gefehlt?

Ich war unterwegs auf einem Querfeldeinrad mit Tiagra-Schaltung und mechanischen Scheibenbremsen, ebenfalls von Shimano. Trotz Matsch, Sand und dem Wasser aus dem Barkenbergsee hatte ich zu keiner Zeit Probleme zu schalten oder zu bremsen. Mit den Reifen Continental Cyclo X-King traf ich die richtige Wahl für die Strecke und die Bedingungen. Ich hatte ausreichend Vortrieb in den matschigen Passagen, genug Grip auf feuchten gepflasterten Wegen und zu keiner Zeit das Gefühl nur noch Passagier zu sein.

Ingo Hoffmann beendet den Lauf als 10. seiner Altersklasse im Hobbyrennen mit 4:19 Minuten Rückstand auf den Sieger. Das Rennen in Dorsten war der erste Teil des GENESIS NRW-Cross-Cup powered by Panaracer & Alexrims.

So geht es weiter im Genesis NRW-Cross Cup:

Es folgen noch drei Rennen:

  1.  21.10.: Focus/Campana-Cross von HammerEvents in Radevormwald
  2. 12.11.: RaiBa-RadCross der Radsportfreunde Kendenich in Hürth-Kendenich bei Köln
  3. 16.12.: Crossrennen des Pulheimer SC in Pulheim bei Köln

Die Veranstalter zeigten sich sehr zufrieden mit der Resonanz auf das Rennen: „Insgesamt waren rund 160 Fahrer am Start, inklusive Voranmeldungen wären es sogar mehr als 200 Fahrer gewesen. Einige gemeldete Teilnehmer sind wegen des wechselhaften Wetters nicht gestartet, aber wir hatten auch zahlreiche Nachmeldungen“, teilt Stephan Rokitta, Organisationsleiter des ausrichtenden Vereins RSC Dorsten mit. Mehr Infos zum Cyclocross-Cup in NRW gibt es auf rad-net.de

Interview: Redaktion / Fotos: Ingo Hoff

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