Ich weiß jetzt nicht, wer Musson ist, aber hierin irrt er.
Eine Speiche ist ein Stück Draht, und die Speiche „stretcht“ sich unter Zugbelastung.
Sie kann sich umso besser, also weiter stretchen, je dünner sie ist.
Sie arbeitet dann nach dem Prinzip der Dehnschraube: bei hohen Zugkräften längt sie sich im elastischen Bereich. Dehnschrauben werden dort eingesetzt, wo häufig/ständig wechselnde Zugbelastungen auftreten. In der Speiche ist das der Fall.
Eine flache Kastenfelge z.B. würde einknicken, wenn man sie in ausgespeichtem Zustand von oben mit Gewicht belasten würde. Sie wird von den Speichen letztlich in Form gehalten.
Ein Laufrad mit flacher Felge flacht durch das Fahrergewicht im Bodenbereich ab, verformt sich also elastisch. Sie kann umso mehr abflachen, je dünner die Speichen sind und je mehr sie sich stretchen und nachgeben können.
Wer komfortable Laufräder haben möchte, sollte zu flachen
Felgen und dünnen (DD) Speichen greifen.
Dickere Speichen stretchen weniger und würden bei einer flachen Felge zu weniger Nachgiebigkeit und weniger Komfort sorgen.
Stark vorgespannte Speichen stretchen sich weniger; sie sind sozusagen näher an ihrer Streckgrenze.
Die eigentliche Kunst besteht darin, einen möglichst guten Kompromiß aus Nachgiebigkeit/Komfort und gewünschter Steifigkeit zu erhalten. Die passende Wahl von Felge, Speichen und Vorspannung (in Abhängigkeit vom Fahrergewicht) ist Erfahrungssache.
Elastische Laufräder, die gewichtsmäßig zu stark belastet werden, verformen sich elastisch so deutlich, dass das Fahren instabil wird. Sie fühlen sich „schwammig“ an.
Die verstärkten Speichen, die man z.B. in Hinterrädern von Hollandrädern findet, sind ein Relikt aus einer anderen Zeit: aus der Zeit, als man noch kaum Autos hatte und Kartoffelsäcke, Getränkekästen etc. auf dem Gepäckträger transportierte. Hier sorgen dickere Speichen für ein vertikal steiferes und gewichtsmäßig belastbareres Laufrad. Die Speichen stretchen weniger, die Felge kann nicht nachgeben, weil sie von den Speichen in Form gehalten wird.
Es stimmt nur nicht, dass diese dicken Speichen länger halten. Das Gegenteil ist der Fall.
Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre wurden die
Reifen immer schmaler, der gefahrene Luftdruck immer höher.
Das ging so lange, bis die Aero-
Felgen Verbreitung fanden. Vertikal sehr steif und unnachgiebig, wurden die Laufräder immer härter und unkomfortabler. Daran änderten auch DD-Speichen nicht mehr viel. Als immer mehr Kränze für immer mehr Asymmetrie sorgten und die Vorspannung immer höher werden musste, damit seitlich einwirkende Kräfte nicht zu einem Kollaps der Felge führten, wurden die Laufräder nochmals härter und unkomfortabler.
Als Folge wurden die
Reifen immer breiter, der Luftdruck immer weniger. Somit wurde der
Reifen der maßgebende Faktor für den Komfort.
Daß breitere
Reifen leichter rollen sollen, liegt nicht am Rollwiderstand, sondern am größeren Dämpfungsvermögen (nicht zuletzt aufgrund geringeren Luftdrucks). Der Hubarbeit, die bei Unebenheiten reichlich für Verluste sorgt, wird hier durch Dämpfung begegnet.
Überläßt man einen erheblichen Teil der Dämpfung einem komfortablen und elastischen Laufrad, wird man an leichtrollenden Dackelschneidern seine Freude haben.