Hallo zusammen,
frei nach dem Motto: "Besser spät als nie", wollte ich mich jetzt noch einmal melden um euch kurz zu berichten wie die Island Tour gelaufen ist. Kurz vorweg, es war meine erste Bikepacking-Tour mit einem Rennrad und auch die erste im Ausland. Mein Fazit nehme ich jetzt auch schonmal vorweg und kann nur sagen: Es war eine geniale Erfahrung! Ich kann jedem der Lust an Radreisen hat, dieses Land nur empfehlen.
Ich habe meine Tour mit
GoPro und Drohne aufgezeichnet und werde unten das Video (7min) verlinken.
Mein Rennrad ist ein selbstkonfiguriertes Rad der Marke Poison. Es hat einen Stahlrahmen und eine
Shimano 105er Kettenschaltung. Als
Reifen habe ich mir, nach der Beratung hier im Forum, den Pirelli P Zero Velo Faltreifen 28x622 geholt. Für die Schotterpiste hatte ich noch den Challenge Gravel Grinder mit.
Gestartet bin ich am 17.6.19 von Hamburg aus mit IcelandAir. Check-In und Flug verlief alles Reibungslos. Dann im Flughafen Reykjavik sah ich meine komplett geöffnete Fahrradtasche beim Sperrgepäckschalter liegen. Ich denke das die Tasche zur Kontrolle geöffnet wurde, allerdings wurde sie hinterher nicht mehr geschlossen. Da bekam ich schon ein mulmiges Gefühl, da ich ein paar Sachen zwar vernünftig verpackt, aber lose in der Fahrradtasche liegen hatte (z.b. Pedale). Später beim Aufbau des Rades hat sich aber alles als vollständig herausgestellt und ich konnte noch am selben Abend die Tour starten.
Ich will gar nicht auf jeden Tag einzeln eingehen, da ich denke das so ein Reisebericht dann doch etwas langatmig werden kann. Ganz allgemein kann man sagen, dass Island schon eine Herausforderung ist. Ich bin kein Rennradprofi und im Leben auch noch keinen Marathon gelaufen. Aber ich betrachte mich durchaus als sportlich. Ich gehe joggen, regelmäßig zum Fitness und fahre auch öfter Rennrad-Touren bis ca. 100km. Ich bin aber durchaus auf der Tour ein paar Mal an meine Grenzen gekommen. Das Land an sich ist doch hügeliger als ich dachte und alles was man in Reiseberichten über den isländischen Wind liest, kann ich nur als wahr bestätigen. Wenn man (sehr selten), den Wind im Rücken hat, konnte ich auf ebener Strecke, selbst mit Gepäck und den vielen Taschen, Geschwindigkeiten von 35 - 40 Km/h über längere Strecken halten. Wenn man diesen Wind (leider öfter
), dann allerdings von der Seite oder sogar von vorne hat, wird es schon sehr schwer. Teilweise war es wirklich so krass, das ich mir einen Fels oder etwas Windgeschütztes gesucht habe und dann Pause gemacht habe bis der Wind dreht. Gerade die Ostseite des Landes hat einige Gletscherzungen, die bis auf ein paar hundert Meter an die Straße führen. Das sieht absolut umwerfend aus, der Wind wirft einen aber auch gerne um. Die Gletscherzungen waren wie riesige Rampen für den Wind. Zweimal musste ich tatsächlich absteigen und schieben, weil der Seitenwind so stark war, dass es mir zu gefährlich vor kam. Ich wollte ungern vor einem der Touristenbusse kleben.
Vom Verkehr her, wüsste ich kein Land in Europa welches besser für so eine Tour geeignet wäre. Außer vielleicht Finnland
Ich bin hauptsächlich die Route 1 gefahren, also die Hauptstraße in Island, die einmal das Land umrundet. In der Nähe größerer Städte wird man schon öfter von Autos überholt. Hierbei kann man dann leider sehr gut zwischen einheimischen und den Touristen-Mietwagen unterscheiden. Die Einheimischen machen sehr viel Platz, teilweise komplett auf der Gegenfahrbahn. Das kann man von den Touristen leider nicht behaupten, aber wirklich brenzlig ist es nie geworden. In einigen Gegenden aber, sieht man manchmal für eine Stunde kein Auto bzw. Mensch. Da bekommt man dann schon wirklich auch ein Abenteuergefühl. Also vom Verkehr gab es da wirklich keine Probleme. Eher im Gegenteil. Es sind mir auch einige Autofahrer und Busfahrer entgegengekommen, die einem dann den Daumen hochhalten, oder zuwinken, was bei mir dann immer nochmal einen gewissen Energieschub gebracht hat.
Speziell hier im Forum hatte ich ja über die Schotterpiste "Kjölur-Route" gesprochen. Diese 180km lange Piste führt direkt vom Thingvellir- Nationalpark nach Norden zur Route 1. Ich wollte unbedingt diese Route fahren, da ich sonst nicht die vielen Sehenswürdigkeiten im Nationalpark gesehen hätte. Ich habe dann am zweiten Tag gegen Mittag beim großen Geysir hinter Laugavatn meine
Reifen gewechselt. Von Pirelli auf die Challenge Gravel Grinder. Ab dann ging der Plan leider nicht mehr so weiter wie gehofft. Das Wetter hat sich sehr schlecht entwickelt. Nicht nur Dauerregen, sondern vor allem ein starker Sturm hat mir schon die letzten Asphaltkilometer zur Kjölur-Route schwer zu schaffen gemacht. Ich habe mich vorher im Internet wirklich so gut es ging versucht über diese Strecke zu informieren. Ich wusste auch das die Route durchs Hochland führt, nicht geteert ist und das man für mindestens 3 Tage Wasser mitnehmen sollte. Aber als ich dann von der Straße auf die Schotterpiste gefahren bin, hat es mich echt wie ein Schlag getroffen. Die Piste ging sehr steil bergauf und der Sturm wurde so heftig, das an fahren nicht mehr zu denken war. Ich habe dann Meter für Meter mein Fahrrad geschoben. Im Kopf schwierten mir schon die Gedanken, ob ich umdrehen soll, oder welche Optionen ich habe. Während ich mir unsicher war, habe ich dann aber erstmal immer weiter geschoben. Am Ende des Tages, dunkel wurde es ja nicht, hatte ich unfassbare 5Km der 180KM geschafft. Es war aber nicht mal Zeit sich darüber zu ärgern, oder zu verzweifeln, da ich damit beschäftigt war mein Zelt irgendwie im Sturm und Regen aufzubauen. Ich habe dann im Internet herausgefunden, das es im Sommer täglich einen Offroad-Bus gibt, der die Kjölur Route von Süden bis Norden einmal abfährt. Am nächsten Tag war auch keine Verbesserung in Sicht. ich habe mein Rad ab dem morgen direkt nur schieben können, der Wind blies einfach zu heftig und dazu ging es immernoch bergauf. Nach weiteren extrem mühsamen 10KM habe ich dann beschlossen auf den Bus zu warten, weil es für mich hier nur noch diese Option gab. Ich hätte natürlich auch auf bessere Bedingungen warten können, aber dafür war mein Zeitplan leider zu kanpp. Mehr als die 12 Tage Urlaub kann ich mir im Sommer leider nicht nehmen. Der Busfahrer hat ohne zu zögern mein Fahrrad und mich eingeladen. Ein sehr lustiger und total freundlicher Typ. Ohnehin habe ich ausschließlich tolle und sehr freundliche Isländer kennengelernt. Isländer gelten ja als das glücklichste Volk in Europa und auch das kann ich nach meiner Beurteilung nur bestätigen.
Am Anfang war ich natürlich niedergeschmettert, dass ich nach nur zwei Tagen schon auf den Bus umsteigen musste. Allerdings hat die Fahrt dann doch so viel Spaß gemacht und man konnte so tolle Landschaften sehen, dass ich im Nachhinein sagen kann, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Ich kann mir allerdings auch gut vorstellen, nochmal mit mehr Zeit herzukommen und die Kjölur- Route ein zweites Mal zu versuchen.
Direkt nachdem die Schotterpiste aufgehört hat, habe ich den Bus verlassen und bin dann wieder auf der Route 1 weitergefahren. Ab dann wurde der Trip wirklich unvergesslich. Ich bin dann bis zu meiner Ankunft 9 Tage später in Reykjavik durchgehend auf der Route 1 geblieben. Die Natur war atemberaubend und vorallem extrem vielseitig. Einen halben Tag fuhr man durch eine grüne Landschaft direkt an Flüssen entlang begrauf und bergab. Einen Tag danach dachte man, man wäre plötzlich auf dem Mars gelandet. Kein Grün mehr, nur noch kahle Landschaft und Sandberge, die da irgendwie nicht hingehörten. Wieder einen Tag später fuhr ich auf etwas höheren Höhenmetern durch schneebedeckte Hügel entlang zugefrorener Seen. Also wirklich sehr Abwechslungsreich.
Mein Highlight war ganz klar der Osten des Landes. Hinter der Stadt Egilstadir führt die Straße direkt zur Küste. Zwischen hohen Bergen fährt man entlang der Fjorde ins landesinnere und dann auf der anderen Fjordseite wieder Richtung Küste. Manchmal fuhr man so für einen Kilometer Luflinie (über den Fjord), 40km Umweg, was mir dort allerdings aufgrund der Landschaft und des guten Wetters nichts ausgemacht hat. Direkt nach den Fjorden kamen dann die Gletscher. Ein unglaubliches Bild, wenn man die Straße direkt neben einem riesigen Gletscher entlangfährt. Drei Tage strahlender Sonnenschein haben mich da die Kilometer so abspuhlen lassen, dass ich rechtzeitig einen Tag vor Abflug wieder Reykjavik erreichen konnte.
Wie ich oben schon geschrieben hatte, eine sehr tolle Erfahrung und absolut empfehlenswert. Auch wenn das Wetter einen ziemlich fertig gemacht hat, bin ich trotzdem froh das es so war. Immer nur super Wetter und Rückenwind wären vielleicht angenehmer, aber mit Sicherheit nicht spannender gewesen.
Ein paar der schönen Eindrücke bekommt man hoffentlich durch meinen kleinen Reisefilm. Im Nachhinein hat sich auch das zusätzliche Gewicht der Drohne gelohnt.
Vielen Dank nochmal an die fleißigen Fragebeantworter hier aus dem Forum!
Beste Grüße
Dominik