Fahrräder waren anfanx entweder reine Sport- oder Flaniergeräte für die feinere Gesellschaft. Einfache Leute hatten weder die Mittel, sich ein handwerkliches Rad zu leisten noch die Freizeit, denn damals waren in der Industrie 12 Stunden Arbeitszeit normal. Man fuhr mit dem Zug oder ging zu Fuß.
Erst mit der großindustriellen Fertigung von Fahrrädern um 1880-1900 war eine Massenmobilisierung möglich und das Fahrrad entwickelte sich zum Standard-Transportmittel der Werktätigen, die nun die Arbeitswege mit dem Rad zurücklegten. In Chemnitz bspw. wurde dazu eigens ein Weg angelegt, auf dem man von der Stadt aus in die Industriegebiete Siegmar und Schönau gelangen konnte. Den Weg gibt es immer noch, man erreicht damit direkt das alte Diamant-Werk.
Mit der Popularisierung des Radfahrens wurde auch der Radsport umgekrepelt. Und hier kommen wir in die 10er-20er Jahre, wo Rennräder meist ab- und umgerüstete Serienräder waren. Die Rennfahrer kamen aus der Arbeiterklasse und waren in Arbeitersportvereinen organisiert.
Das bedeutet nicht, dass einzelne Profisportler nicht schon früher spezielle Räder hatten. Aber das war die Ausnahme, wie später ja auch. Wer es sich leisten konnte, hat sich einen Rahmen auf Maß bauen lassen, wie später auch. Nur waren es eher die Geometrien, die angepasst wurden, nicht das Material.
Es ist aber auch denkbar, dass in anderen Ländern, wo die Fahrradtradition und -technik sich anders entwickelt hat, auch andere Entwickluingen stattgefunden haben. In F-Reich bspw. gab es schon frühzeitig eine innovative Tourerszene, die auch anfanx besonders von wohlhabenden Technikverrückten getragen wurde (die sich dann dem Automobil zuwandten - siehe z.B. die Geschichte des TCF). Der Rennsport war damals nicht die treibende Kraft in der Fahrradentwicklung, so wie heute.