Kann mir kaum vorstellen, dass eine Regierungsbehörde oder Stadt ohne Impfung das Risiko eingehen will, zu einem zweiten Heinsberg oder Ischgl zu werden, um dann für Wochen oder Monate wieder die Wirtschaft lahmlegen zu müssen. ... Bei anderen Infektionskrankheiten hat es übrigens teilweise mehrere Jahrzehnte gedauert, bis eine Impfung verfügbar war.
Das ist natürlich Spekulation, aber ich habe den Eindruck, dass bei vielen Verantwortlichen in den Bundesländern inzwischen einerseits klar wird, was wegen Corona angerichtet wurde, und andererseits die Erkenntnis reift, dass die Hoffnung auf den Impfstoff ein ziemlich weltfremder Popanz ist.
Wahrscheinlich wird es in absehbarer Zeit einen Impfstoff geben, zumindest einen klassischen Tot- oder Lebendimpfstoff, wobei auch das natürlich keineswegs sicher ist. Nur, was bedeutet es, wenn im nächsten Jahr oder vielleicht sogar schon in diesem Jahr ein Impfstoff zugelassen wird? Für klassische Impfstoffe gibt es weltweit eine Produktionskapazität von ca. 30 Mio. Dosen pro Monat. Und diese Kapazität liegt natürlich nicht brach, sondern da werden jetzt schon Impfstoffe gegen ernsthafte bis hochgefährliche Krankheiten hergestellt. Soll nicht mehr gegen Diphterie, Tollwut, Tetanus, FSME, Kinderlähmung, Masern etc. geimpft werden, um die Produktion auf Corona-Impfstoff umzustellen? Auf die Idee kommen wohl nicht einmal Politiker. Die großen Hersteller sind derzeit dabei, neue und zusätzliche Kapazitäten für ungefähr weitere 40 Mio. Dosen pro Monat zu schaffen. Und bei klassischen Impfstoffen ist die Mengenproduktion nicht einfach beliebig vermehrbar, es müssen für Tot- oder Lebendimpfstoffe große Mengen Viren in Zellkulturen vermehrt werden. Das ist etwas schwieriger und aufwendiger als eine T-Shirt-Produktion auf Atemschutzmasken umzustellen.
Um 8 Milliarden Menschen auf der Erde mit Impfstoff für eine einmalige Impfung zu versorgen, dauert es dann 200 Monate, also mehr als 16 Jahre. Und diese Kapazitäten entstehen in China, Indien und den USA. Da werden wir in Westeuropa sicher nicht die ersten sein, die versorgt werden. Das hat vor ein paar Wochen der Sanofi-CEO deutlich gesagt. Die derzeit in den USA entstehenden Produktionslinien werden vom Staat finanziert, da ist es nur natürlich, wenn die ersten 330 Mio. Dosen der dort produzierten Impfstoffe erst einmal in die Versorgung der US-Bevölkerung gehen. Und in China stellen sich solche Fragen sowieso nicht, über die Verwendung der dortigen Produktion entscheidet die Regierung und sonst niemand.
