Ich bin vor gut 2 Wochen meinen ersten 200er gefahren und bin seit ca. 1 Jahr Radfahrer. Meinen ersten Hunderter hatte ich nach ca. 3 Monaten gefahren, das war damals ziemlich anstrengend und die Vorstellung nochmal so lange zu fahren war für mich absurd.
Habe mich dann "langsam" den 200 genähert - über 110km, 125km und 160km. Aber auch nach den 160km war ich so fertig, dass mir weitere knapp zwei Stunden im
Sattel abartig vorkamen.
Ansonsten bin ich ca. 300km die Woche gefahren, Strecken zwischen 60km und 120km. Die 100km sind irgendwann einfach normal geworden, das geht ohne Vorbereitung jederzeit.
Bei meinem 200er wusste ich nicht wie mein Körper regiert, vor allem die Zeit im
Sattel machte mir einige Sorgen. Ich habe mit 8 Stunden Fahrzeit spekuliert (also 25er Schnitt). Zwei Tankstellenstops und ein paar Orientierungpausen weil die Komootnavigation einfach Dreck ist, waren eingeplant.
Hatte zwei Tage vorher ungeplant meine Corona-Zweitimpfung gekriegt (sollte erst ne Woche später sein).
Ich hatte mir 3 Clif Bars, zwei Gels und 2 Liter Elektrolyt/KH-Drink mitgenommen, ich schwitze wie ein Schwein, da muss ich ständig nachschütten, deswegen die zwei Tankstellenstops.
Habe die flachste Strecke geplant, die bei mir in der Gegend möglich und ein Rundkurs war. Das lief dann auf 197 km und ca. 1050 Höhenmeter raus. Es ging mir nur um die Distanz, die Höhenmeter waren mir egal, je weniger, desto besser. War natürlich trotzdem ein Kategorie 4 Berg drin, den hab ich nicht sinnvoll raus bekommen.
In der Früh um 07:00 Uhr gings dann los. Was mir sofort aufgefallen ist, dass mein Puls um ca. 20 Schläge höher war als üblich. Ich hatte die Nacht vorher schlecht geschlafen und war auch wegen der Länge nervös und aufgeregt, vermutete aber, dass die Corona-Impfung da einen guten Teil dazu beigetragen hat.
Ich wollte nicht gleich die Flinte ins Korn werfen und den ersten kleinen Anstieg abwarten und kucken ob mein Puls nach dem Anstieg zumindest wieder runtergeht - das hat er getan und damit bin ich etwas vorsichtiger weiter gefahren.
Die Fahrt selbst war ganz cool, außer das mir Komoot auf den Senkel ging, vielleicht bin ich einfach nur blöd, aber die Navigationsanweisungen von Komoot auf einem
Garmin Edge war streckenweise ein Glückspiel. Bin also hin und wieder falsch abgebogen musste umkehren und konnte so die fehlenden 3 km zum 200er leicht voll machen.
Womit ich nicht gerechnet hatte waren Baustellen - eine war besonders beschissen, die komplette Straße war aufgerissen, der Teer abgetragen und es lag nur Schotter rum. Ich kannte mich in der Gegend nicht aus, hab meinem Navi auch nicht vertraut und bin auf dem Schotterweg gefahren, ist bestimmt nur kurz - der dann natürlich nicht einfach nach ein paar Metern aufgehört hat, ne, der musste dann noch eine 10% Steigung rauf gehen, die ich dann im Sitzen vorsichtig hochfahren musste weil mir im Stehen natürlich ständig das Hinterrad weggerutscht ist. Das war echter Dreck. Hatte vermutlich auch Glück keinen Platten zu kriegen.
Nach gut 90km habe ich meine erste Tankstelle angefahren, etwas abseits meiner Route, aber nicht viel, habe zwei Liter Wasser/Powerade nachgefüllt und mir zwei große Brezen gekauft, hatte Lust auf etwas Salziges. Leider waren die Augen größer als der Magen und ich konnte nur eine essen - die andere habe ich dann in der Papiertüte in meiner Rückentasche verstaut, das sah bestimmt klasse aus - Rennradfahrer auf seinem Karbonhobel in Lycra während hinten eine Riesenbreze aus der Tasche glotzt. Aber so wurde die Breze meine Fahrtverpflegung und irgendwann war sie weg.
Meinen zweiten Tankstopp habe ich dann nach ca. 150km eingelegt - es wurde heißer und die zwei Liter waren wieder weg. Nochmal zwei Liter nachgefüllt und einen Marsriegel nachgeschoben, die Breze hatte unterwegs ihre Schuldigkeit getan.
Bis dahin war alles ganz ok verlaufen, hatte meinen 25er Schnitt gehalten und es ging die restlichen 50km kontinuierlich nur leicht bergauf.
Da war ich dann aber wieder in einer Gegend, in der ich mich auskannte, da musste ich mich zumindest nicht mehr auf die Komoot-Navigation verlassen.
Mein Arsch war ok, nur hat es mir den linken Socken so gegen die Zehen geschoben, dass es ekelhaft gestochen hatte, dafür musste ich ranfahren, Schuhe ausziehen, Socken richten und dann gings wieder eine Zeit lang. Da hatte ich den Eindruck, dass meine Cleatposition, die für 100km Fahrten ok ist, für 200km nicht so prickelnd war. Hin und wieder musste ich mir auch das Polster meine Hose aus der Ritze ziehen, nach 150km hatte ich den Eindruck, mein
Sattel will sich gewaltsam Zutritt zu meinem Rektum verschaffen. Das läßt sich aber mit einem kurzen Stop und Hosen richten wieder hinkriegen.
Aber irgendwann bin ich tatsächlich wieder heimgekommen - in besserer Form als bei meinem 160er. Bei meinem 160er war ich die letzten 30 km so fertig, dass ich mir an einem großen Dekostein an einem Radweg schon Gedanken gemacht hatte, ich könne doch einfach gegen den Stein fahren, dann würden Leute kommen, mich auf eine Trage legen und in ein Bett bringen... ich bin bei der Tour auch wieder an dem Stein vorbei gekommen und diesmal hatte ich nicht das Bedürfnis meiner Fahrt ein schnelles und unrühmliches Ende zu setzen.
Aber nach 8 Stunden, 2 Minuten und 202,5km war ich wieder zu Hause und war kaputt, aber es hat sich geil angefühlt. Und natürlich ist mir dann die 300 durch den Kopf gegangen, ich vermute das geht den meisten so. Die beiden Tankstellenstops und ein paar weitere Orientierunsstops um mit Google Maps wieder auf den richtigen Weg zu kommen, haben eine Stunde gedauert. Mein Puls hat sich nach 6 Stunden Fahrt auch wieder normalisiert, das war ein netter Bonus.
Nach einem Tag Pause konnte ich auch wieder normal trainieren, auch wenn sich mein Arsch noch etwas beschwert hatte.