• Hallo Gast, wir suchen den Renner der Woche 🚴 - vielleicht hast du ein passendes Rennrad in deiner Garage? Alle Infos

"Die tägliche Dröhnung" Doping im Breitensport.

Nochmal: ich will Doping nicht verbieten, sondern das Problem aus der Welt schaffen.
Was ist das Gut eines Medikaments? Einen Krankheitszustand zu heilen.
Was ist das Gut des Trainings? Die Leistung zu steigern, oder zu halten.
Nutze ich nun Medikamente, um meine Leistung zu steigern, ist das ein klarer Fall von intellektueller Verwirrung.
Will ich einen Mord begehen, bleibt es verwerflich, auch wenn ich nicht erforlgreich sein sollte. Doping nur von der Konsequenz zu denken, stellt eine grobe Verkürzung der Problematik dar.
@pepper.salt: Ich finde deinen Beitrag gelungen. Doping ist kein einfacher Gegenstand, sondern setzt sich aus vielen Tatsachen zusammen, die einen Haufen Sachverhalte bilden. Will ich das Problem als solches beschreiben und angehen nützt es nichts, wenn ich einzelne Fälle herausgreife (ergo müsste man in Konsequenz den Profisport in toto und sämtliche, ähnlich funktionierende Systeme boykottieren. Fragt sich, ob das möglich oder sinnvoll ist.).
 
Auszug aus einer PN, die ich vor einer guten Woche an einen Radlerkollegen schrieb, und die genau auf den Suchtcharakter von Doping abhebt:

Der Trieb, der Leute ins Doping treibt, ist doch sehr leicht zu analysieren. Es ist der Siegeswille, gepaart mit Bestätigungs- und Geltungsdrang, der aus der von uns noch als normal empfundenen Suche der Kompetition (Wettkampf) eine Fehlentwicklung erwachsen lassen kann. Aus der Suche wird die Sucht. Dein Hinweis auf das limbische System (Anm.: Hirnregion, die Antrieb und Emotion steuert) trifft m.E. ins Schwarze. Alle "opfern" für Training, Anreise, ... recht viel an Freizeit und nicht zuletzt auch Geld für das Material. Diejenigen, die aus solchen Ereignissen so viel Befriedigung ziehen, dass sie alles dafür tun und investieren, sind besonders gefährdet, die Grenze der Fairness zu überschreiten. Dies kann einem Zustand erhöhter Suchtbereitschaft entsprechen. Der eine bleibt dann dennoch stabil, der andere vielleicht nicht ...

Die für eine Sucht entscheidende psychische Abhängigkeit entsteht immer im Kopf und wird durch Konditionierung hervorgebracht und gefestigt. Spürt ein (übersteigert) ehrgeiziger Sportler unter Anwendung unerlaubter Mittel/Methoden einen Leistungszuwachs bzw. kann er hierdurch einen heiß ersehnten Erfolg einfahren, dann erzeugt dies eine starke positiv-Konditionierung. Danach mag eine Phase der Scham kommen, und die Mittel/Methoden werden nicht mehr angewendet. Wenn dann der Erfolg ausbleibt, kommt die nicht minder Sucht-erzeugende negativ-Konditionierung unter "Entzug" auch noch dazu. Das Wechselspiel von positiv- und negativ-Konditionierungen bei Verwendung bzw. Absetzen solcher Hilfen erzeugt psychische Abhängigkeit und damit die Sucht. Gerade im Fall von direkt psychoaktiven Substanzen, wie z.B. Amphetaminen ist dies besonders ausgeprägt, da die kurze Wirksamkeit einen klar spürbaren "Kick" erzeugt, und das rasche Wechselspiel aus positiv- und negativ-Konditionierungen eine rasche Abhängigkeitsentwicklung fördert. Wirken Medikamente nicht direkt auf die Psyche, dann ist auch der Suchtmechanismus weniger direkt und festigt sich womöglich weniger rasch. Dennoch sind auch in diesem Fall psychisch aktive Moleküle am arbeiten: das körpereigene Belohnungssystem (v.a. dopaminerges System) und freigesetzte Endorphine erzeugen dann an Stelle der direkt psychoaktiven Wirkstoffe die Konditionierung. Im Endeffekt unterscheiden sich der Abhängigkeits- und Suchtcharakter nur graduell von dem einer direkt psychoaktiven Droge.

In der Konsequenz lautet dies:
- dass an der Schwelle zwischen gesunder und übersteigerter Hingabe eine entsprechende Aufklärung und Persönlichkeitsfestigung notwendig wäre,
- dass es wohl immer einzelne Fahrer geben wird, die es nicht schaffen, einer Suchtbereitschaft zu widerstehen,
- dementsprechend, dass man nie darauf verzichten kann, Kontrollen durchzuführen,
- dass man versuchen sollte, Kontrollen auch bei den Leistungsklassen zu etablieren, in denen es "objektiv" nichts relevantes zu gewinnen gibt,
- dass in Folge eines nachgewiesenen Dopingvergehens eigentlich (!) ein an der Suchtberatung angelehntes Verfahren geschehen, zumindest aber angeboten werden müsste und
- dass Kostenargumente in der "Verteidigung" unter Verdacht gekommener Fahrer nicht greifen, da aufgrund des Suchtcharakters auch irrationale Kosten nicht gescheut werden.

Das beste was ich hier jemals im Forum gelesen habe! Würde ich auch sofort unterschreiben! :daumen:
 
Aber, wo ist den bitte das Problem wenn jemand Mittel nimmt, die seiner Gesundheit nicht schaden, aber seine Leistung steigern?
Vielleicht weil aus zumindest angenäherten Grundsatz der gleichen oder ähnlichen Vorraussetzungen? Möglicherweise dürfen bestimmte Gruppen von Sportlern diese Mittel nicht oder nur ganz wenig nehmen, für Kinder und Jugendliche sind sie vielleicht gefährlich (analog Übersetzungsbeschränkungen, ..), etc. Ich verstehe nicht wie man an sowas NICHT denken kann.

Wo willst du die Grenze ziehen, zwischen unanstädigem Doping und gesunder Ernährung?
Ich glaube Du hast nicht verstanden, was Achilleus meint. Er will (und kann) nicht den Konflikt lösen, er will die Ursache ändern.
Mal angenommen es würde in irgendeiner Form eine Art, ggf. Regelung des Wettkampfes, der sportlichen Auseinandersetzung, gerne auch der 'ausgefallenen Selbstbestätigung', gefunden, bei der es sinnlos erscheint (ausser ein paar dann erkennbaren Knallköpfen), Doping überhaupt einzusetzen....
Ich denke da z.B. im Berufsleben an interessante Versuche, statt in gnadenlosen Rivalitätsgemetzel besser im Team erfolgreich zu arbeiten, mit durchaus Chancen seinen Ehrgeiz auszuleben, aber nie auf Kosten seiner Kollegen (weil unproduktiv).
So jetz laßt mal Eure Gedanken spielen und versucht nicht auf Teufel komm raus den bisherigen Radsport zu balsamieren...
@piet: das gilt durchaus auch in der Breite, wenn ich mir so anschaue mit welchen Gehabe der traditionelle Radsportdünkel mit den Jedermännern (statt sie willkommen zu heissen), mit dem echten Breitensport, mit der Jugend umgegangen ist...

@GerdO: zu deiner Frage: Es gibt keine Grenze, es gibt einen breiten Grenzbereich. Und jeder vernünftige Mensch würde sich bestimmt richtig entscheiden. Deine Frage setzt einen fragwürdigen Zielkonflikt aufgrund falscher Randbedingungen voraus. Wo sportpolitisch die Grenze zu ziehen ist (natürlich muss sie irgendwo gezogen werden) misst sich nicht nur an der schmalspurigen Frage: Egal welches Mittel im Wettkampf, wenn es vor allem mir selber sehr wahrscheinlich nicht schadet, ist es OK. Mit dieser Einstellung wird übrigens auch sehr schlechte Politik gemacht.
 
Könnte mir bitte mal jemand einen Grund nennen, warum man ein leistungssteigerndes, aber medizinisch erwiesen nicht gesundheitsschädliches Mittel nicht nehmen sollte?
 
Ich dacht immer es geht um Menschliche Leistung nicht um Medizinische. Ansonsten kann man sich ja gleich künstliche Beinprothesen mit Motor einpflanzen lassen.
 
Leistungssteigerung bekommt man auch durch härteres, gezielteres Training, aber es ist ja leichter sich irgend welche Drops o.ä. einzuwerfen um dann mit gefakten Werten aufzuwarten.
 
Ich antworte nochmals für mich: Für mich ist Frage die Frage, warum jemand nicht dopen sollte keine sinnvolle. Aus meiner ethischen Position ließe sich die Frage folgendermaßen formulieren: Möchte ich in einer Gesellschaft leben, in der Dopingmittel konsumiert werden? (Hier ist natürlich eine Diskussion über Fälle und ihre Implikationen zu führen. Das wäre sehr komplex)
Ich habe ja eingangs bereits erwähnt, dass ich die Frage von meiner Antropologie abhängig mache, was für mich bedeutet, ich frage danach, was ein gelungenes Leben ausmacht. Für mich ist das ein Leben, in dem man seine körperlichen und geistigen Fähigkeiten zu möglichst großer Entfaltung bringt. Ich würde sofort einräumen, dass hier eine Schwäche meiner These liegt; nämlich darin, dass man zuvorderst einen Konsens darüber erzielen müsste, was ein gelungenes, gutes Leben ist. Meines Erachtens kann ich dieses Kernstück auch nur aus der Erfahrung ableiten. Mir scheint es absurd, absolute moralische Urteile a priori fällen zu wollen. (Deshalb stehen mir die Haare zu Berge, wenn die Frage nach einer Grenze, etc. aufgeworfen wird. Im Übrigen wäre ein absolutes Urteil in einer deontischen Ethik wie sie Kant vertritt auch nicht weiter begründbar. Ganz im Gegenteil, absolute Urteile sind bei ihm nicht nur nicht begründungsfähig, sonder auch nicht begründungswürdig. Vergl. GMS). Alles Sätze die ich über die Welt aussagen kann, sind Tatsachen, die immer realtiv zu etwas sind. In der Welt ist kein Platz für Absolutes. Deshalb kein Verbot, sondern die von mir gestellte Frage.
 
Ich fasse zusammen: Dem Schwarmhirn fällt kein verallgemeinerbarer Grund ein, warum man ein gesundheitlich ungefährliches Mittel NICHT nehmen sollte um seine Leistung zu steigern.

QED.
 
Was an der Argumentation verstehst du nicht? Wärest du mir gefolgt, hättest du festgestellt, dass ich nicht nur Doping nicht absolut moralisch verurteile, sondern auch Folter und Mord nicht. Wohl aber bin ich der Meinung, dass Doping (egal ob schädlich oder nicht) dem eigentlichen Ziel (Eudaimonia) des menschlichen Lebens widerspricht, ihm sogar entgegegesetzt ist. Natürlich könnte ich eine Situation konstruieren, in der auch ich dopen würde. (Nimm an, ich würdest erpresst werden und das Leben meiner Familie o.ä. hinge davon ab, ob ich ein Rennen gewinnen würde, oder nicht. Deshalb die Implikation mit der Erfahrung und der Schwenk, das alle Tatsachen relativ sind.) Aber es ist eben nicht der Regelfall und diesen würde ich als normativ sehen, wenn man eine gesetzliche Grundlage verhandeln wollte.

Ich weiß übrigens nicht, ob das QED eine Anspielung auf meinen Avatar ist. In jedem Falle aber passt es in keinster Weise zu einem Beitrag, der sich mit Aussagen über die Welt auseinandersetzt.
 
Ich fasse zusammen: Dem Schwarmhirn fällt kein verallgemeinerbarer Grund ein, warum man ein gesundheitlich ungefährliches Mittel NICHT nehmen sollte um seine Leistung zu steigern.

QED.

Was ist denn ein "gesundheitlich ungefährliches Mittel"? Bekanntlich macht ja die Dosis das Gift und das gilt für jedes Mittel. Und schon sind wir in einer müßigen Diskussion um Grenzwerte. Ham wir schon, bringt uns in der Sache nicht voran.

Alugurke
 
Ich bin kein Schwarmhirn, höchsten ein Schwammhirn, aber es gibt da doch ein par Dinge, die mir sehr relevant scheinen:
1) Der "Nachweis" der Unbedenklichkeit kann nur durch entsprechende Studien erbracht werden. Sprich: Sportler als Versuchskaninchen. Kann man das wollen ?
2) Eine Substanz, die, allein von einem Normprobanden (sei er krank oder gesund) eingenommen, unbedeklcih erscheint, kann in Kombination mit anderen Substanzen im Körper eines Leistungssportlers verheerende Schäden anrichten. Tom Simpson ist sicher davon ausgegangen, dass ein paar Tabletten Speed und ein bißchen Cognac ihn schon nicht umbrigen würden- jedes für sich war ja handhabbar.
3) Selbst scheinbar harmlose und etablierte Verfahren zur Leistuggssteigerung werden bei nicht sachgemäßer Anwendung zu Hochrisikoexperimenten. , etwa die in der eigenen Garage durchgeführte DIY-Eigenbluttransfusion.
4) Chemische Leistungsteigerung bedeutet, in Stoffwechselprozesse des Körpers in erheblichem Maße einzugreifen. Es ist schwer vorstellbar, dass es da überhaupt etwas geben soll, das ohne die Gefahr des "Entgleisens " wirtkt. Erst recht vor dem Hintergrund, dass angesichts der Leistungsdichte und -stagantion im Profisport zu immer fetteren "chemischen Keulen" gegriffen werden muss [Speed und Pot Belge tuns ja schon lange nicht mehr, heutzuatge muss man schon zu massiven Hormonen (EPO, IGF, HGH bspw ) greifen, und in zehn bis fünzehn Jahren wird vermutlich großflächig Gendoping eingesetzt..].
5) für mich genauso wichtig ist das sportethische Argument. Ganz unabhängig von möglichen Schadensfragen, funktioniert Sport doch nur, wenn dahinter eine "saubere Philosophie" steht; ansonsten wird es zum Wettsaufen - wer am meisten schlucken kann, hat schon gewonnen. Das hat mich schon ausgangs der Pubertät nicht mehr wirklich gezockt.
 
@ Achilleus:
Ich versteh' Dein Ansinnen überhaupt nicht. Deine "Fragen" klingen für mich praktisch gesehen inhaltslos.
 
Mein Ansinnen ist doch ganz simpel. Ich behaupte, es ist unmöglich, Doping aufgrund eines moralischen Urteils zu verbieten. Deshalb stelle ich die Frage, ob Doping unter irgendeiner Rücksicht als Bestandteil eines gelungenen Lebens gesehen werden kann. Mehr nicht.
 
Zurück
Oben Unten