E
einbeiner
Ich blicke zurueck auf eine lange Geschichte nur mittelmaessig erfolgreicher Zentrierversuche. Wann immer ein Rad einen Schlag hatte war ich in der Lage die Situation durch drehen hier und da etwas zu verbessern, aber so richtig ueberzeugend fand ich meine Resultate nie. Dabei finde ich es erstrebenswert Laufraeder selbst bauen zu koennen. Man kann Naben, Felgen, Speichen, Nippel frei kombinieren und ist nicht auf fertige Angebote angewiesen - toll.
Vor einiger Zeit habe ich dann einen Zentrierstaender erworben - den hier:
Mein Testobjekt war ein typisches Hinterrad der 80er, Campa Record Nabe mit Mavic GP4 Felge. Dieses Hinterrad hatte mal einen Speichenbruch auf der Antriebsseite und ich hatte es unterwegs ohne die kaputte Speiche halbwegs so "zentriert", dass ich damit nachhause fahren konnte. Nun wollte ich das Laufrad mit einer Ersatzspeiche wieder richten. Und bin klaeglich gescheitert :-(
Im nachhinein schiebe ich mein Scheitern auf mehrere Faktoren:
- der fuer mich ungeeignete Zentrierstaender. An sich kein schlechtes Geraet, stabil und genau genug das Rad sauber umschlagen zu koennen. Allerdings haben mich die 100stel-Uhren bekloppt gemacht. Das mag schoen sein, um ein fast fertiges LR noch genauer zu zentrieren, aber um als Anfaenger vom lose eingespeichten Rad zu starten ist das m.E. nicht das Richtige.
- die falschen Regeln im Kopf. Verschiedene Dinge habe ich ueber die Jahre aufgeschnappt, wie z.B. "immer ueber einen groesseren Bereich zentrieren", "immer nur fester ziehen, nie loesen" oder "erst den Hoehenschlag eliminieren". Das sind alles so Bruchstuecke, die aus dem Zusammenhang gerissen keinen Sinn ergeben.
- und natuerlich die eigene Ungeduld und mangelnde Konzentration. Gerade zu Anfang habe ich mich ein paar mal in der Richtung vertan oder aus Versehen die falsche Seite korrigiert und so Durcheinander angerichtet.
Kurzum - es war ein Desaster. Ich habe mit wenigen, uebereilten Handgriffen aus einem leicht dezentriertem Rad eines mit starken Spannungsschwankungen gemacht. Dann habe ich alle Speichen geloest und es nicht vernueftig hinbekommen ein mittiges Rad mit konstanten Spannungen und ohne Seiten- und Hoehenschlaege zu zentrieren. Letztlich habe ich aufgegeben :-(
Jetzt habe ich einen neuen Anlauf gewagt und es klappt bislang ganz gut.
Der alte Zentrierstaender ist verkauft (der Kaeufer hat ihn seinerseits wohl auch wieder verkauft) und ich habe diesen angeschafft:
Das ist offensichtlich ein waschechter Parktool TS2 Klon. Unseren engliches Kollegen bietet Planet X das Geraet wohl unter dem Namen Jobsworth an:
http://www.planetx.co.uk/i/q/TOJWWT/jobsworth-wheel-truing-workshop-stand
Ich habe heute in der Schicken Muetze mal einen echten TS2 angeguckt und in der Art der Mechanik konnte ich keinen Unterschied feststellen. Moeglicherweise ist der TS2 noch etwas massiver - das kann aber auch subjektive Empfinden meinerseits sein?!
Der aktuelle Park Tool TS-2.2 kann Felgenbreiten bis 175 mm und soll auch 29" inkl. Bereifung koennen:
https://www.bike-components.de/de/P...-2P-Modell-2016-p46904/blau-universal-o50001/
Ich hab' die Nabenbreite beim Rose nicht ausprobiert, aber ein 29" Rad mit 2.4er Stollenbereifung passt nicht, waehrend ein uebliches 28" Treckingrad mit 35mm Reifen ganz locker passt.
Auch an den "Regeln" habe ich gearbeitet. Es gibt wohl unzaehlige Anleitungen zum richtigen Laufradbau. Mir hat am besten die deutsche Uebersetzung von Sheldon Brown http://www.sheldonbrown.com/german/wheelbuilding.html gefallen und ich habe mir die Zeit genommen sie 2x aufmerksam durchzulesen, bevor ich dieses Mal begonnen habe.
Soviel auch zum Thema Geduld - das scheint ein wichtiger Schluessel zu sein.
Ich habe mir ueberdies eine Speiche mit Nippel daneben gelegt und mir vorgenommen: Sollte ich den geringsten Zweifel haben in welche Richtung "fest" oder "lose" ist, dann gucke ich diesmal mit Hilfe der rumliegenden Speiche nach (ich habe in der Tat direkt zu Beginn 2x nachgeguckt).
Und hier ist nun das Objekt des Grauens:
Ich habe mit dem Mini-Akkuschrauber alle Speichen geloest und dann soweit festgeschraubt, bis die Speiche das Schrauberbit aus dem Nippelschlitz gedrueckt hat. Da waren mir als Unerfahrenem die Speichen eigentlich schon zu fest (Sheldon beginnt mit recht losen Speichen), sodass erstmal alle wieder eine halbe Umdrehung geloest habe.
Es ist im Wesentlichen diese Fuehlergeschichte, die mir gut gefaellt. Die Messuhren haben bei jeder Bewegung Laerm gemacht, hier gibt's nur Laerm, wenn die Felge schleift und man kann wahlweise nach Auge oder Gehoer arbeiten. Andererseits muss man auch genau auf den Spalt zwischen Fuehler und Felge gucken. Beim Ablesen einer Uhr ist man da etwas freier in der Kopfhaltung.
Sheldon beschreibt, dass man Seitenschlag, Hoehenschlag, Mittigkeit und Spannung gleichzeitig im Auge behalten soll. Genau DAS war mein Problem beim letzten Mal. Die Mittigkeit konnte ich nur duch Rechnen oder Umschlagen feststellen. Um festzustellen, wo der groesste Seitenschlag war musste ich mit dem alten Staender das Rad einmal rum abtasten und dabei den Ausschlag der Uhr im Blick behalten. Mit der Fuehlerzange dreht man einfach das Rad, schliesst die Zange bis es irgendwo ein leichtes Kratzen gibt und faengt dort an zu korrigieren. Das ist viel intuitiver, erfordert viel weniger Konzentration.
So geht es diesmal fast automatisch, dass das Rad rund UND mittig wird. Nach einer halben Stunde ist mein Rad schon schoen gespannt und laeuft rund. Es ist noch etwas zu weit links und ich bin ganz erstaunt, wie stabil die Zentrierung bleibt, wenn ich alle rechten Speichen etwas nachziehe. Ich druecke das Rad ab und spanne nochmal jede Speiche etwas nach um die Spannung zu erhoehen, die gefuehlt immer noch unter der des Vergleichsrades ist. 2 Antriebsspeichen meines Rades scheinen weniger gespannt zu sein als der Rest und ich ziehe diese noch nach (und loese die benachbarten auf der Gegenseite). Auch das erzeugt keinen neuen Ausschlag - anscheinend werde ich langsam warm
Wunderlicherweise hatte ich die ganze Zeit ueber nur mit sehr wenig Hoehenschlag zu kaempfen - den habe ich zwischendurch nur 2x an wenigen Stellen leicht korrigieren muessen.
Am Ende traue ich der automatischen Mittenanzeige doch nicht so recht. Es zeigt sich, dass es einen Einfluss hat wie fest man das Rad zwischen den beiden Schenkeln spannt. Lass ich das Rad recht lose, liegt der rechte Fuehler an der Felge an, spanne ich das Rad fester bildet sich rechts ein Spalt zwischen Fuehler und Felge. Das scheint mir systembedingt zu sein und ich muss darauf achten das Rad immer in etwa gleich fest einzuspannen.
Die Minoura Zentrierlehre erweisst sich wieder einmal als Spielzeug. Ganz vorsichtig stelle ich sie ein, nehme sie vorsichtig vom Rad, ziehe die Schraube jetzt fest an und ueberpruefe nochmal an der gleichen Stelle, ob sie sich schon verstellt hat. Erst jetzt pruefe ich vorsichtig die Gegenseite des Rades.
Im Prinzip funktioniert die Lehre, aber ich ueberlege doch, ob ich sie nicht lieber zurueckschicken soll?!
Das Umschlagen des Rades funktioniert in diesem Staender uebrigens nicht so gut wie in dem, den ich zuvor hatte. Die Enden der Schenkel koennen hier gar nicht fuer jede Achsbreite senkrecht sein und so muss man das Rad eigentlich immer etwas klemmen. Mit dem alten Staender war es moeglich die Breite einzustellen und das Rad einfach rauszunehmen und wieder reinzustecken und ohne irgendeine Klemmung sass es wieder genau gleich. Beim neuen Staender muss ich mir dazu etwas Muehe geben das Rad immer gleich einzuspannen. Geht aber eigentlich ganz gut.
Fazit bislang:
Der Staender bringt mich weiter, eine Zentrierlehre zu haben ist schon hilfreich, diese hier nur bedingt.
Bevor ich mich an einen echten Neubau wage gibt's aber erst noch eine weitere Reparatur an einem weitern Hinterrad. Diesmal sitzt die Felge insgesamt etwas exzentrisch und zum ersten Mal bin ich echt guter Dinge, dass ich das hinbekommen werde
Edit:
Wochen spaeter ist es vollbracht - der erste neue Laufradsatz ist fertig und bereits probegefahren: http://www.rennrad-news.de/forum/th...ufrad-selber-bauen.140913/page-9#post-3802128
Vor einiger Zeit habe ich dann einen Zentrierstaender erworben - den hier:
Mein Testobjekt war ein typisches Hinterrad der 80er, Campa Record Nabe mit Mavic GP4 Felge. Dieses Hinterrad hatte mal einen Speichenbruch auf der Antriebsseite und ich hatte es unterwegs ohne die kaputte Speiche halbwegs so "zentriert", dass ich damit nachhause fahren konnte. Nun wollte ich das Laufrad mit einer Ersatzspeiche wieder richten. Und bin klaeglich gescheitert :-(
Im nachhinein schiebe ich mein Scheitern auf mehrere Faktoren:
- der fuer mich ungeeignete Zentrierstaender. An sich kein schlechtes Geraet, stabil und genau genug das Rad sauber umschlagen zu koennen. Allerdings haben mich die 100stel-Uhren bekloppt gemacht. Das mag schoen sein, um ein fast fertiges LR noch genauer zu zentrieren, aber um als Anfaenger vom lose eingespeichten Rad zu starten ist das m.E. nicht das Richtige.
- die falschen Regeln im Kopf. Verschiedene Dinge habe ich ueber die Jahre aufgeschnappt, wie z.B. "immer ueber einen groesseren Bereich zentrieren", "immer nur fester ziehen, nie loesen" oder "erst den Hoehenschlag eliminieren". Das sind alles so Bruchstuecke, die aus dem Zusammenhang gerissen keinen Sinn ergeben.
- und natuerlich die eigene Ungeduld und mangelnde Konzentration. Gerade zu Anfang habe ich mich ein paar mal in der Richtung vertan oder aus Versehen die falsche Seite korrigiert und so Durcheinander angerichtet.
Kurzum - es war ein Desaster. Ich habe mit wenigen, uebereilten Handgriffen aus einem leicht dezentriertem Rad eines mit starken Spannungsschwankungen gemacht. Dann habe ich alle Speichen geloest und es nicht vernueftig hinbekommen ein mittiges Rad mit konstanten Spannungen und ohne Seiten- und Hoehenschlaege zu zentrieren. Letztlich habe ich aufgegeben :-(
Jetzt habe ich einen neuen Anlauf gewagt und es klappt bislang ganz gut.
Der alte Zentrierstaender ist verkauft (der Kaeufer hat ihn seinerseits wohl auch wieder verkauft) und ich habe diesen angeschafft:
Das ist offensichtlich ein waschechter Parktool TS2 Klon. Unseren engliches Kollegen bietet Planet X das Geraet wohl unter dem Namen Jobsworth an:
http://www.planetx.co.uk/i/q/TOJWWT/jobsworth-wheel-truing-workshop-stand
Ich habe heute in der Schicken Muetze mal einen echten TS2 angeguckt und in der Art der Mechanik konnte ich keinen Unterschied feststellen. Moeglicherweise ist der TS2 noch etwas massiver - das kann aber auch subjektive Empfinden meinerseits sein?!
Der aktuelle Park Tool TS-2.2 kann Felgenbreiten bis 175 mm und soll auch 29" inkl. Bereifung koennen:
https://www.bike-components.de/de/P...-2P-Modell-2016-p46904/blau-universal-o50001/
Ich hab' die Nabenbreite beim Rose nicht ausprobiert, aber ein 29" Rad mit 2.4er Stollenbereifung passt nicht, waehrend ein uebliches 28" Treckingrad mit 35mm Reifen ganz locker passt.
Auch an den "Regeln" habe ich gearbeitet. Es gibt wohl unzaehlige Anleitungen zum richtigen Laufradbau. Mir hat am besten die deutsche Uebersetzung von Sheldon Brown http://www.sheldonbrown.com/german/wheelbuilding.html gefallen und ich habe mir die Zeit genommen sie 2x aufmerksam durchzulesen, bevor ich dieses Mal begonnen habe.
Soviel auch zum Thema Geduld - das scheint ein wichtiger Schluessel zu sein.
Ich habe mir ueberdies eine Speiche mit Nippel daneben gelegt und mir vorgenommen: Sollte ich den geringsten Zweifel haben in welche Richtung "fest" oder "lose" ist, dann gucke ich diesmal mit Hilfe der rumliegenden Speiche nach (ich habe in der Tat direkt zu Beginn 2x nachgeguckt).
Und hier ist nun das Objekt des Grauens:
Ich habe mit dem Mini-Akkuschrauber alle Speichen geloest und dann soweit festgeschraubt, bis die Speiche das Schrauberbit aus dem Nippelschlitz gedrueckt hat. Da waren mir als Unerfahrenem die Speichen eigentlich schon zu fest (Sheldon beginnt mit recht losen Speichen), sodass erstmal alle wieder eine halbe Umdrehung geloest habe.
Es ist im Wesentlichen diese Fuehlergeschichte, die mir gut gefaellt. Die Messuhren haben bei jeder Bewegung Laerm gemacht, hier gibt's nur Laerm, wenn die Felge schleift und man kann wahlweise nach Auge oder Gehoer arbeiten. Andererseits muss man auch genau auf den Spalt zwischen Fuehler und Felge gucken. Beim Ablesen einer Uhr ist man da etwas freier in der Kopfhaltung.
Sheldon beschreibt, dass man Seitenschlag, Hoehenschlag, Mittigkeit und Spannung gleichzeitig im Auge behalten soll. Genau DAS war mein Problem beim letzten Mal. Die Mittigkeit konnte ich nur duch Rechnen oder Umschlagen feststellen. Um festzustellen, wo der groesste Seitenschlag war musste ich mit dem alten Staender das Rad einmal rum abtasten und dabei den Ausschlag der Uhr im Blick behalten. Mit der Fuehlerzange dreht man einfach das Rad, schliesst die Zange bis es irgendwo ein leichtes Kratzen gibt und faengt dort an zu korrigieren. Das ist viel intuitiver, erfordert viel weniger Konzentration.
So geht es diesmal fast automatisch, dass das Rad rund UND mittig wird. Nach einer halben Stunde ist mein Rad schon schoen gespannt und laeuft rund. Es ist noch etwas zu weit links und ich bin ganz erstaunt, wie stabil die Zentrierung bleibt, wenn ich alle rechten Speichen etwas nachziehe. Ich druecke das Rad ab und spanne nochmal jede Speiche etwas nach um die Spannung zu erhoehen, die gefuehlt immer noch unter der des Vergleichsrades ist. 2 Antriebsspeichen meines Rades scheinen weniger gespannt zu sein als der Rest und ich ziehe diese noch nach (und loese die benachbarten auf der Gegenseite). Auch das erzeugt keinen neuen Ausschlag - anscheinend werde ich langsam warm
Wunderlicherweise hatte ich die ganze Zeit ueber nur mit sehr wenig Hoehenschlag zu kaempfen - den habe ich zwischendurch nur 2x an wenigen Stellen leicht korrigieren muessen.
Am Ende traue ich der automatischen Mittenanzeige doch nicht so recht. Es zeigt sich, dass es einen Einfluss hat wie fest man das Rad zwischen den beiden Schenkeln spannt. Lass ich das Rad recht lose, liegt der rechte Fuehler an der Felge an, spanne ich das Rad fester bildet sich rechts ein Spalt zwischen Fuehler und Felge. Das scheint mir systembedingt zu sein und ich muss darauf achten das Rad immer in etwa gleich fest einzuspannen.
Die Minoura Zentrierlehre erweisst sich wieder einmal als Spielzeug. Ganz vorsichtig stelle ich sie ein, nehme sie vorsichtig vom Rad, ziehe die Schraube jetzt fest an und ueberpruefe nochmal an der gleichen Stelle, ob sie sich schon verstellt hat. Erst jetzt pruefe ich vorsichtig die Gegenseite des Rades.
Im Prinzip funktioniert die Lehre, aber ich ueberlege doch, ob ich sie nicht lieber zurueckschicken soll?!
Das Umschlagen des Rades funktioniert in diesem Staender uebrigens nicht so gut wie in dem, den ich zuvor hatte. Die Enden der Schenkel koennen hier gar nicht fuer jede Achsbreite senkrecht sein und so muss man das Rad eigentlich immer etwas klemmen. Mit dem alten Staender war es moeglich die Breite einzustellen und das Rad einfach rauszunehmen und wieder reinzustecken und ohne irgendeine Klemmung sass es wieder genau gleich. Beim neuen Staender muss ich mir dazu etwas Muehe geben das Rad immer gleich einzuspannen. Geht aber eigentlich ganz gut.
Fazit bislang:
Der Staender bringt mich weiter, eine Zentrierlehre zu haben ist schon hilfreich, diese hier nur bedingt.
Bevor ich mich an einen echten Neubau wage gibt's aber erst noch eine weitere Reparatur an einem weitern Hinterrad. Diesmal sitzt die Felge insgesamt etwas exzentrisch und zum ersten Mal bin ich echt guter Dinge, dass ich das hinbekommen werde
Edit:
Wochen spaeter ist es vollbracht - der erste neue Laufradsatz ist fertig und bereits probegefahren: http://www.rennrad-news.de/forum/th...ufrad-selber-bauen.140913/page-9#post-3802128
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