Der 400er Brevet von Spich an die Nordsee
Eine Woche vor dem Brevet entschied ich mich statt wie angekündigt um 4:00 Uhr, doch um 9:00 Uhr zu starten, um den logistischen Aufwand so minimal wie möglich zu halten. Der Start um 4:00 Uhr hätte eine Übernachtung in Norddeich oder Emden bedeutet, da ich dort wahrscheinlich so um Mitternacht angekommen wäre. Also wählte ich den Start um 9:00 Uhr. Entspannt und ausgeschlafen ging es um 6:20 Uhr von Wuppertal mit dem Zug nach Spich. Im Zug traf ich neben meiner Begleitung auch weitere bekannte Gesichter.
Im Gasthaus am Waldstation saß Rainer bereits mit seinen Brevet-Karten und bis 8:30 Uhr kamen nach und nach immer mehr Randonneure hinzu. Man unterhielt sich vorwiegend über das Wetter und wann der Regen wohl nachlassen würde.
Ich bin zwar schon ein paar 400er gefahren, doch der 400er in Spich war auch für mich neu. Für die befreundete Radfahrerin war das Brevet eine doppelte Primäre, da Sie zum ersten mal 400 Kilometer an einem Tag fahren sollte. Wir beschlossen aufgrund dessen zusammen zu bleiben und relativ entspannt das Brevet anzugehen.
Wir starteten im Regen mit etwa dreißig anderen Randonneuren pünktlich um 9:00 Uhr. Zuvor um 4:00 Uhr waren bereits zwanzig gestartet. Es ging zunächst durch die Kölner Vororte mit relativ viel Verkehr und schlechten Straßen in Richtung Wuppertal. Aufgrund der schlechten Straßen löste sich bei meiner vorderen Tasche mehrmals der Decaleur aus dem Frontgepäckträger, so dass ich den Anschluss an die Gruppe verlor. Das Herausspringen des Decaleurs konnte ich mit einem Gummiband beheben und die Fahrt alleine fortsetzen.
Auf der Balkantrasse traf ich zwei bekannte Gesichter mit denen ich mich kurz unterhielt. Da es nun mein Ziel war die Gruppe mit der befreundeten Radfahrerin einzuholen verabschiedete ich mich und erhöhte das Tempo. Von Lennep ging es bergab nach Wuppertal und anschließend über ein kurzes Stück Nordbahntrasse nach Witten. In Witten und anschließend Dortmund ging es aufgrund der vielen Ampeln und des dichten Verkehrs nur langsam voran. Ich wurde sehr oft im Zentimeter Abstand überholt oder angehupt. Die Dusche mit der Scheibenwischanlage hat da noch gefehlt.
Kaum hatte ich den Dortmunder Vorort Waltrop verlassen, wurde der Verkehr weniger und es hörte auf zu regnen. Nun konnte ich wieder etwas aufholen. Etwa Zehn Kilometer vor der ersten Kontrolle wurde ich auf dem Radweg von einem Mann angehalten, der eine Radfahrerbefragung durchführte. Das hat gefühlt eine Ewigkeit gedauert, doch was tut man nicht alles für guten Radverkehr in Deutschland. An der ersten Kontrolle konnte ich nun endlich zur großen Gruppe aufschließen, die sich nach einer langen Pause gerade fertig machte zu Weiterfahrt. Also schnell einen Stempel holen, etwas essen, trinken und weiter mit der Gruppe.
Der Gegenwind war innerhalb der Gruppe erträglich und wir wechselten uns mal mehr oder weniger beim Vorausfahren ab. Der Himmel klarte auf und wir bekamen noch ordentlich Sonne ab, was die Stimmung doch enorm anhob. Neben dem guten Wetter wurden die Straßen leerer und wechselten häufig zwischen Wirtschaftswegen und Landstraßen.
Im Münsterland gab es bis Nordhorn noch einige kleine Hügel zu erklimmen.
An der zweiten Kontrolle in Nordhorn füllten wir schnell unsere Flaschen auf, aßen einen Riegel und freuten uns schon auf den von Rainer empfohlenen Imbiss in Lohne. Auf dem Weg kam uns dann auch
@jostein mit seinem gelben Velomobil entgegen. Einige Mitfahrer wollten mir nicht glauben, dass er sich gerade auf der Heimreise von Norddeich Mole befand.
Im Imbiss in Lohne aßen wir ordentlich und bereitet uns nach einer Stunde Aufenthalt mit Jacken, Handschuhen und Warnwesten auf die Nacht vor. Von Lohne ging es in den Sonnenuntergang weiter nach Norden. Wir fuhren durch menschenleere Gegenden und auch der Autoverkehr war kaum noch vorhanden.
Es ging gefühlt sehr oft nur geradeaus, so dass man sich auf jede Richtungsänderung freute. Zum Glück ließ der Wind in der Nacht etwas nach. Zweimal begegneten uns entgegenkommende Randonneure vom 600er in Groningen auf dem Weg nach Lohne-Wiethmarschen. Ansonsten war es doch relativ langweilig und der ein oder andere hatte mit Müdigkeit zu kämpfen. Vor Emden schlossen von einer Bushaltestelle drei Randonneure aus der ersten Startgruppe zu uns auf, die uns bis Emden begleiten. Um 2:45 Uhr erreichten wir die Kontrolle in Emden, wo wir uns mit Kaffee, Cola und Brezel stärkten. Das Nachtleben in dem Emden war noch in vollem Gang und die Kundschaft der Tankstelle war schon etwas fasziniert von dem Anblick so vieler Radfahrer. Von Emden bis Norddeich Mole waren es nur noch 38 km und ein Teil unserer Gruppe wollte die schnell hinter sich bringen. Doch wir hatten es bis zum Ziel nicht so eilig und auch die Knieschmerzen der Mitfahrerin wurden nicht besser. So fuhren wir hinter dem Deich, auf dem jede Menge schlafende Schafe lagen, entlang.
Um 4 Uhr am Sonntag dämmerte es und die Natur erwachte. Man hörte das Gezwitscher der Vögel aus dem Schilf und das Blöcken der Schafe vom Deich. Solche Momente erlebt man nur bei den langen Brevets, welche auch mal durch eine Nacht führen. Auch der Wind gewann wieder an Stärke, doch wir hatten das Ziel Norddeich Mole vor Augen.
Um etwa 5:20 Uhr erreichten wir den Bahnhof in Norddeich Mole und waren froh die Tour geschafft zu haben. Nach dem Ziehen von Fahrplanauskünften als Bestätigung des Brevets gingen wir zu dem Zug nach Emden auf Gleis 2, der zum Glück schon um 6 Uhr bereitstand obwohl er erst um 6:41 Uhr fahren sollte. Die Zugfahrt lief relativ unproblematisch, außer das am Bahnhof in Emden noch kein Bäcker geöffnet hatte.
Vielen Dank an Rainer für die schöne Strecke und die Organisation dieses Brevets.