Danke Andreas.
Ich bin mir da schon bewusst drüber, ich darf es ja in meinem Alltag ständig erleben.
Aus Verwaltungssicht habe ich die Frechheit besessen, das ganze Drama zu überleben. In Deutschland verletzt, man sich nach Katalog, nach diesem Katalog hat man dann Anspruch auf geeignete Versorgung und Leistungen. Macht man es wie ich, dann steht man nicht im Katalog, so etwas ist nicht vorgesehen.
Am Entlassungstag war ich im Krankenhaus noch beim Sozialdienst, der ist zuständig, um die Anschlussheilbehandlung zu beantragen. Bist Du erst zuhause, bekommst Du diese nicht mehr. Gut, dass mir das vorher jemand gesagt hatte und ich das auf eigene Initiative am Entlassungstag noch geregelt habe. Die Frau vom Sozialdienst war sehr nett, schnappte sich den Katalog, natürlich stand ich da nicht drin. Dann hat man ein mittelgroßes Problem, man ist ein Ausnahmefall und fällt gern hinten runter.
Der Frau vom Sozialdienst war das klar, sie hat sich dann richtig mit Ellenbogen für mich eingesetzt. Ich verdanke allein ihr, dass ich die Anschlussheilbehandlung bekommen habe. Sie rief zunächst den Arzt, der mich operiert hat, an, der sagte ihr, dass das kein Problem ist und nur anständig begründet werden muss. Er würde das auch gern für mich machen, darf es aber nicht, weil er dafür nicht zuständig ist. Zuständig sei eine Ärztin, die ich auf der Station nur zweimal im Flur gesehen habe.
Darauf hat die nette Frau vom Sozialdienst diese Ärztin angerufen und wurde von der Ärztin gefragt, wie das begründet werden soll. Sie hat ihr dann das gesagt, was ihr mein Operateur gesagt hatte und hat sie gefragt, wer denn hier der Mediziner ist. Man darf doch erwarten, dass man weiß, warum man mich operiert hat.
Auf diesem Weg - und wahrscheinlich wirklich nur, weil die Frau vom Sozialdienst so energisch war - hat man sich die Mühe gemacht, das anständig zu begründen.
Ihr O-Ton: Wenn ich in den Katalog sehe, dann steht da so viel weit harmloseres drin, wenn Sie sich nicht die Mühe machen, das ordentlich zu begründen, dann guckt der in die Röhre, das kann doch wohl nicht sein.
Der ganze Krankenhausaufenthalt war ein Beispiel für die Misere, in der wir alle leben (müssen). Am Donnerstag Abend habe ich aufgehört zu essen und zu trinken, die Op war ja für Freitag sieben Uhr geplant. Dann habe ich bis 14.20 Uhr gewartet, naja, ich bin ein Fliegengewicht, irgendwann fängt man an zu dehydrieren, es wurde mir dann ständig schwarz vor Augen. Gegen zwölf habe ich einer der Schwestern gesagt, dass die ganzen Vorsichtsmaßnahmen für die Vollnarkose so doch nicht mehr sinnvoll sein können. Sie sagte mir dann, dass ich eine Kochsalzinfusion bekomme, was auch richtig und angebracht gewesen wäre. Es gab dann ein Problem, bei mir lag noch keine Kanüle, die darf aber nur ein Arzt legen. Naja, es war trotz erheblicher Bemühungen kein Arzt greifbar, der das hätte machen können. Deswegen meine Bemerkung, die Du oben zitierst hast.
Die Realität ist tatsächlich so, zwei zusätzlich eingestellte Beamte feiern die Einsparung eines Arztes als Erfolg. Dass diese beiden Beamten zusammen deutlich mehr verdienen als der eine eingesparte Arzt, steht auf einem anderen Blatt Papier.
Bevor sich irgendjemand von mir angegriffen fühlt, niemand kann etwas dafür, auch der Beamte nicht. Es gibt überall solche und solche, es gibt auch Beamte, die hervorragende Arbeit leisten.
Im Krankenhaus hat man dann das Ergebnis, dass es die Kleinen ausbaden müssen, das Pflegepersonal bekommt es ab dann. In Höchst gab es extra eine Stelle, wo sich Patienten beschweren können. Als ich mich bei den Schwestern bedankt habe, war man etwas verwundert, man erklärte mir, dass ich auf der Station mit den meisten Beschwerden liege. Ich bin nachts oft auf dem Flur gelaufen, ich lag mit zwei Extremschnarchern zusammen, da war an schlafen nicht zu denken. Die Nachtschwester musste von Patient zu Patient rennen, das habe ich mehrmals beobachtet. Muss von denen irgendeiner mal ein paar Minuten warten, dann wird sich beschwert über jemand, der die ganze Nacht lang rennt.
Man sieht es auch an der Beschwerdestelle, sie ist im Patientenmanagement und für Beschwerden gegen die Stationen gedacht. Wo aber ist die Beschwerdestelle, wo man sich über untragbare Zustände beschweren kann, die von höherer Stelle zu verantworten sind. Ich habe keine Stelle dafür gesehen und behaupte ins Grüne, dass es eine solche Stelle nicht gibt.
Ich für meinen Teil habe die Beschwerdestelle genutzt, um mich für die ausgesprochen zuvorkommende Behandlung auf der Station ausdrücklich zu bedanken. Es wird auch vieles mies gemacht, über alles was fehl läuft, wird sich beschwert, die Dinge, die gut laufen, werden schlicht für selbstverständlich genommen.
Genug davon, sonst platzt mir die Hutschnur, lach.
Thommy