• Hallo Gast, wir suchen den Renner der Woche 🚴 - vielleicht hast du ein passendes Rennrad in deiner Garage? Alle Infos

{una storia} PINARELLO Treviso 30 Anni refurbish 1984/2014

sulka

zementsackzement
Registriert
8 Mai 2009
Beiträge
21.305
Reaktionspunkte
43.309
Ort
unterfranken
es gibt ja noch genug originale ;-)

ich sehe das rad als lebendiges objekt. d.h. es ist völlig natürlich, daß es im laufe seines lebens seine erscheinung verändern kann, sofern es erforderlich scheint. dazu gehört als eine der letzten maßnahmen (für mich) auch eine neulackierung ggf. in einer zum original abweichenden farbgebung. das ist nach 30 jahren und geänderten lackqualitäten nicht schwer ;-) für mich bedeutet das nicht zwangsläufig die völlige aufgabe der originalität, ich will es eher als eine anerkennung an den rahmen sehen, daß er es wert ist einen frischen lack zu tragen.

ich gehe davon aus, daß selbst eine sehr hohe km-leistung kein hindernis sein wird das rad wieder sportlich zu bewegen. mittlerweile bin ich mir fast sicher, daß der angedeutete aufbau nur eine weitere phase im leben des rades sein wird, die schwungscheiben sind schon eine gewisse konterkarierung der vorlage durch den rahmen. im moment ist es auf dem weg ein bislang offenes segment im aktiven fuhrpark zu besetzen.

eigentlich (schande über mich, sage ich heute) ist es nur als "beifang" für eine besseres preisgespräch ins haus gekommen. der eigentliche "hauptfang" ein spätes 70er mittelklasse-bianchi ging mit seiner für mich etwas knappen rahmengröße und seiner schön patinierten originalität direkt weiter zu einem freund als neuen liebhaber. und ich bin "notgedrungen" in diese überraschende, zuvor nicht in betracht gezogene liebesaffäre geraten.

Ich will Euch eine Geschichte erzählen …
... von meinem

1984er PINARELLO Treviso 30 Anni refurbish

Ist schon ein Weilchen her, daß ich darüber gegaggert hatte.



So stand sie vor mir, die Maschine von Giovanni aus ca. 1984, aus dem Nachlaß eines ambitionierten Radsportlers. Gebraucht, abgewetzt, top gewartet und bereit für den Einsatz unter allen Bedingungen. Jahrelang war sie sein Roß und begleitete ihn über Jahre und auch den Radsportnachwuchs den er trainierte.

Bei mir landete sie direkt in der Halle mit den Schraubenziehern, -schlüsseln & Inbussen. Meine Beweggründe waren niedere, eine Starr-/Eingang Trainingsmaschine stand auf der Bedarfsliste des Fuhrparkes: Funktion vorrangig, Aussehen sekundär. Dachte ich.

Beim planmäßigen Zerlegen des Rades schwirrte mir die vom Enkel des Erstbesitzers berichtete Geschichte im Kopf, offenbarte sich der vitale Komponentenmix der Jahre, dessen funktionale Zusammenstellung und die hervorragende Wartung die all den Teilen zuteil wurde. So wartet und pflegt nur jemand der ein inniges, respektvolles Verhältnis zu seiner Maschine hat !

Ich hielt mich an mein Vorhaben und verbesserte beim Arbeiten daran halblaut meine Aussprache „Pinarello, Pinarrello, Pinarrrelllo ...“.



Blau ist meine Lieblingsfarbe, aber bei Rennrädern nicht wirklich. Die Decals waren markenüblich schon länger über dem Jordan, hatten nur ihre Schatten auf dem verbleichenden und geschundenen Lack hinterlassen. Schon lange wartete ich auf die Gelegenheit einen Rahmen nach eigenem Gusto neu zu lackieren (lassen). Der komplett unterverchromte Rahmen schien mir wie geschaffen dafür zu sein. Letztlich verkam ich auf ein dezentes Two-Tone Grau-Hellgrau Schema das einerseits den gesetzten Starrgang-Walzen eine Beruhigung geben sollte und zugleich die Hintertür zum Re-Klassifizieren offen halten sollte.



Der Originallack sollte verschliffen als Unterbau für die neue Lackierung herhalten. Phase 1 der Rohrbehandlung begann und sie zeigte mir die schönen Seiten des Rahmens auf, Muffenverarbeitung, Pantographie und nicht zuletzt auch sein erstaunlich geringes Gewicht.





Immerhin wurde er vor knapp 30 Jahren gelötet und besteht nicht aus SL-Rohr, jedenfalls habe ich keine Spiralisierung ertastet.

Ein Meister der Lackpistole legte schließlich seine Hand an die drei Lackschichten hellgrau, dunkelgrau, Klarlack und übergab mir einen um gefühlt ein halbes Kilo schwereren Rahmen bei dem die Farbkanten nicht da saßen wo sie angezeichnet waren und überhaupt, das war alles ScheiXXe.

Also. Kein Bild davon gemacht, in den Baumarkt gegangen Abbeizer und sonstiges grobes Zeugs besorgt um dieses Fehlkleid direkt wieder verschwinden zu lassen.

Nun ging es ans Eingemachte. Nicht für den Lack, nein für mich. Ich weiß nicht mehr genau wie oft ich den Rahmen mit der ätzenden Pampe bestrichen habe und ebenso oft abgebürstet, gewaschen habe. Die dicke, junge Farbe war rasch entschwunden aber dann stand mir die Lackierung von Giovannis Mannen im Wege .. ähemm unterm Schleifflies, Bürste, Pinsel, Lappen … erst das Blau, dann die Grundierung.
Also es waren unzählige Male die der Rahmen samt Gabel durch meine mittlerweile gegerbten Hände glitten. Die konnten nicht ständig schrubben sondern mußten immer öfter streicheln. Irgendwann bemerkte ich meine betörte Weggetretenheit beim Befingern des Werkstückes und es entwich mir ein leises „ Capolavori“ - Meisterarbeit ! Sie hatte mich voll erwischt !









Nicht daß die Mannen in Giovanni Pinarellos (Pinarrrelllo !) Werkstätten nur einen schönen Rahmen sauber gefertigt hatten, sie haben auch ihre Spuren darauf hinterlassen. Nicht die Spuren von Maschinen, sondern jene von Menschen die mit ihren Händen arbeiten. Die immer gleich präzise sind doch auch immer unterschiedlich, analog - nie digital. Das gleichmäßig, in exakt passender Menge velaufene Lot an den Muffen, das ungleichmäßge Linienbild der rotierenden Bürste an die der Rahmen mal so und mal so zum Verschleifen vor der Verchromung gehalten wurde. Ich wurde immer mehr verzaubert, war überhaupt nicht gram über die mißlungene Neulackierung. Im Gegenteil ich genoß es immer wieder den Rahmen zu streicheln, zu spüren wie mir eine neue Geliebte erwuchs (…)

Und es kam zu einer Stellprobe. Und ja, es pornt !





Der Chrom macht mir zu schaffen, die ganze Ware aus dem Fixiebedarf. He, es ist eine Pinarello !
Das ist kein Pina, kein Bumsbomber, pornographisch darfs schon gerne sein, aber subtiler ....

....
 

Anzeige

Re: {una storia} PINARELLO Treviso 30 Anni refurbish 1984/2014
Das blanke Rahmenset kam erst mal in ein dunkles Zimmer. Die Komponenten verteilten sich nach und nach in Kisten, ans Winterrad, die Laufräder sollten den Mailänder Modeherbst begleiten.
Für die Sicherheitsverwahrung des Singlespielzeugs kam ein erfreulich lackierter Concorde Rahmen in die Hallen.



Betty Boop - Keine Bedrohung mehr für das Pinarello.

....
 
Zuletzt bearbeitet:
Das blanke Rahmenset kam erst mal in ein dunkles Zimmer.....



… zurück in das dunkle Zimmer, eine gute Schallplatte und die Augen schließen ….

(philosopher-mode)

Wie ist das, wie war das, wie wird das sein mit den klassischen Rennmaschinen welche uns hier so oft, so weit, so tief bewegen ?

Da steht ein unspektakuläres, blaues, italienisches Rennrad mit einem Mix aus überwiegend japanischen Komponenten vor mir, gekrönt von einem Sattel () und pummeligen CatEye Lichtern und Tacho 'de l'époque', erblaßt im Namenszug mit müdem Lack. „hat sicher eine Menge gute Kilometer gesehen ..“ so etwas in der Art ist mir wohl aus dem Mund gesprochen. Mein Gegenüber erzählt mir vom Großvater dem Rennfahrer. Nicht wirklich viel haben wir gesprochen, aber es waren kleine Andenken an den Mann des Rades. Ich durfte es anfassen.

Es fällt mir nicht leicht ein gewachsenes Rennrad zu zerlegen, also final demontieren. Aber es war der Plan … und die Pinarello begann mir in der Vertrautheit der Werkstatt zu erzählen. Von der Liebe ihres Mannes zum Detail. Die sorgfältig gewarteten und perfekt eingestellten Lager, das richtige Quäntchen Fett an der wichtigen Stelle, die Reduzierung auf das Notwendige, der bestimmungsgemäße Gebrauch. Ein honoröser Sportsmann ohne Anspruch an Effekt der mit ihr über Dekaden bis ins Seniorenalter unterwegs war.

So erzählt jedes Rad seine Geschichte und es liegt an uns sie zu würdigen, zu respektieren und weiter zu spinnen. Neues, weiteres Leben einzuhauchen.



….
 
Dieser Bußgang ist sehr zu begrüßen, zeugt er doch von einem großen, reuigen Sünder.
Er ist jetzt auf dem rechten Weg, möge er reichlich steilen Asphalt unter die Räder kriegen.
Ego te absolvo.
 
Zuletzt bearbeitet:
es gab sie also doch, die pinas mit teilen aus nippon aufgebaut, gefällt mir und bestärkt mich das auch mein special welche bekommen wird!
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Entfernen eines guten Nitrolackes samt solidem Unterbau von einem verchromten Rahmen ist eine sehr meditative Angelegenheit. Mir liefen Bilder vor Augen, ich denke sie waren schwarzweiß, von den Männern in Blauen Anton Anzügen, mit Schutzbrillen, Gerätschaften ... jaja, die Bilder die wir so mögen ;-) Und auf meinem Werkstück sah ich die Spuren ihrer Werkzeuge, das Geschick ihrer Hände. Insgesamt beunruhigte mich das alles, zumal ich mich ja bereits für eine radikale Kur entschieden hatte.
Ich wollte schon immer mal einen Rahmen in Chrom haben, ohne konkrete Vorstellung. Jetzt wo einer vor mir stand, zumal mit den eingesteckten Starrgangwalzen, erschien mir das aber zu drall und es ist schließlich auch kein Sichtchrom. Also rau und nicht poliert vor dem Verchromen. Gewollt und nicht gekonnt ? Andrerseits, so ein feiner Lackwürde wieder einen glatten Hochglanz erzeugen. Er würde aber auch die ganzen ehrenswerten Fabrikationsspuren in die Vergessenheit schicken.

Ja .., na wie heißen sie doch alle gleich, die berühmten Helden der Lötflamme, deren Namen stolz auf dem Unterrohr prangen, die Legenden, die Künstler. Berühmt sind sie und jede Muffe die durch ihre Hände geglitten ist bekommt einen Edelholzschrein. Wo sind die namenlosen Helden der Fabrikhalle gewürdigt ? Welche zwar in Serienproduktion arbeiteten aber dennoch alles mit der Kraft und dem Geschick ihrer Hände taten. Nein, da darf kein Lack des Vergessens drüber.
Damit ist die Farbe klar. Klar.

In der Weise der bisherigen Vita der Pinarello mußte der Aufbau technisch den letzten übertreffen und er muß die Qualitätsbotschaft des Rahmens beantworten.
 
Das war bislang noch nie mein Sujet beim Aufbau eines Rennrades. "Ein Crèmeschnittchen" - das war das was mir als letztlich einzig gangbarer Weg kam. Es gäbe so viele Möglichkeiten den Chrom, das Metall zu komplettieren. Mag sein, es ist eine Überhöhung, für den reinen Sport braucht's das nicht. Eben !
Mich bewegte als eine Art Arbeitstitel "Meine Hommage an die hohe Kunst des Industriehandwerks". Auch wenn das Rad, die Pinarello sehr nobel damit wirken wird, eher prestigieuse, upperclassig ist sie doch proletarisches Machwerk. Die Huldigung von Hammer und Lötlampe in den Händen ungenannter Indrustriehandwerker. Ehre wem Ehre gebührt !
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Standardseitenansicht, heute beim Jungfern-Fuffi in der kleinsten Stadt Bayerns aufgenommen.



Ich zähle einfach mal runter was ich unter der Vorgabe - blankes Metall, wo vom Material her nicht machbar weiß, eher wenig schwarz - als anbauwürdig im Sinne der Fertigung und deren Qualität verbaut habe.
Steuersatz, Innenlager, Antrieb Chorus 9s, Bremsen Centaur dual, Ergos Veloce 9s. Vorbau/Lenker ITM. Sattelstütze/Flaschenhalter Nitto. Sattel Fizik. Lenkerband Deda. Naben Ambrosio (Novatec). Speichen DT Revolution. Felgen H Plus Son Archetype. Reifen Conti GP4000 100TdF Edition. Zughüllen Jagwire. Pedale Kéo classic.
 
Eine ganz ausgezeichnete Arbeit + Darstellung !
Etwas sehr Ähnliches habe ich auch vor mit einem älteren Moser-Rahmen.
Die Chorus 9-fach - Gruppe liegt schon bereit. :)
 
Man kann sicher leidenschaftlich darüber diskutieren.
Über Campagnolo im Allgemeinen und Chorus im Speziellen gibt es nichts zu sagen. Eine feine Gruppe mit stets nur geringen Abstrichen gegen der Top-of-the Line. Centaur, Veloce keine Großkopfeten Geschichte aber gut und zuverlässig. Italomanubri NOS-Ware, neuzeitlich, leicht, made in Italy. Nitto feines japanisches Know-How und Handarbeit. Fizik - der weiße Arione machte mich auf der Stelle verrückt als ich ihn das erste Mal sah. Woher wissen die, daß ich dafür gerade ein Rad aufbaue ?? ;-) Deda - aktuelle Markenware. Ambrosio/Novatec - made in Taywan, sauber & schön verarbeitet. Die flinken Jungs verstehen ihr Handwerk, auch wenn uns Tradition oft anderes orakeln läßt. DTschwitzerland, keine Fragen ;-) H+Son viele Fragen, made in China, ein nettes Video in sw auf der Homepage, kaum Antworten zur Firma. Aber die Felgen sind schön gearbeitet und wenn man poliertes sucht kommt man an ihnen kaum vorbei. Die guten auf Korbacher Mädchenschenkeln handgerollten GP4000 gab es anläßlich der 100 Tour im vergangenen Jahr als Weißwand Edition. Wo baut man sowas nur drauf ....
Na die Pinarello wird sie tragen die schlanken weißen Sandalen, am Sonntag, zum kleinen Weißen in die Gelatteria .... ;-)

gruß
klaus
 
Dieser Bußgang ist sehr zu begrüßen, zeugt er doch von einem großen, reuigen Sünder.
Er ist jetzt auf dem rechten Weg, möge er reichlich steilen Asphalt unter die Räder kriegen.
Ego te absolvo.
also ein schlechtes Gewissen hatte ich zu keinem Zeitpunkt. Aber ich hatte eine Herausforderung angenommen die mir viel Ruhe und Geduld abverlangte.
Ich fühlte mich in der Pflicht.
 
Eine ganz ausgezeichnete Arbeit + Darstellung !
Etwas sehr Ähnliches habe ich auch vor mit einem älteren Moser-Rahmen.
Die Chorus 9-fach - Gruppe liegt schon bereit. :)
Danke ! Ich finde diese klassischen Räder haben sich eine Frischzellenkur verdient, einen passenden Upgrade in die Nähe heutiger Räder. Und es ist auch so, daß jedes zweite Stahl Pinarello ein Treviso ist, ob tatsächlich oder irrtümlich nur der Ort vom Sitzrohr zum Modell ernannt wird. Wer will die alle im Originalzustand, sofern er definierbar ist, oder in einer strikten Timeline erhalten und fahren ?

Ich habe heute eine leichte Runde damit gedreht - ich gestehe ich fahre augenblicklich fast nur carbon - und ich war sehr entzückt von der Gangart der Pinarello. Da hat nichts an den falschen Stellen gewankt, ganz leise lief sie und auf ihre Art willig und wendig. Der Bedienkomfort, das will ich jetzt so mal sagen, ist hervorragend und zeitgemäß.
 
Also rau und nicht poliert vor dem Verchromen. Gewollt und nicht gekonnt ? Andrerseits, so ein feiner Lackwürde wieder einen glatten Hochglanz erzeugen. Er würde aber auch die ganzen ehrenswerten Fabrikationsspuren in die Vergessenheit schicken.

das ist bei unterverchromung normal, der damalige lack hielt schon nicht so toll auf angerauhtem chrom wie sollte es dann bei poliertem sein ;) mit dem problem was unterverchromtes wieder unter lack zu bekommen stehst du nicht alleine da, gibt ja hier im forum einige dies teilweise schon versuchen/versucht haben, aber die lacke von damals gibts heute nicht mehr und einen finden der auf chrom lackiert ist schwierig weil das ergebnis glücksspiel ist, pulvern geht wohl ganz manierlich.

zum rad, schickes pinarello, aber für mich sind die reifen etwas zu viel weiß.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben Unten