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Taubheitsgefühl in den Fingern

Da ich dasselbe Problem mit dem Ulnaris auch habe (und es durch die schon getesteten Lösungsvorschläge leider nicht in den Griff bekommen habe): Könnte evtl ein zu breiter Lenker zu einer falschen Handhaltung (oder Ellenbogenhaltung), etc etc führen?
Das ist leider nicht so leicht verhersagbar. Bei mir schlafen auch die "Ulnarisfinger" gelegentlich mal ein. Ausschütteln und aero-Bremsgriffhaltung (http://imageshack.com/f/210/wm201236.jpg) gehen, bei anderen Griffpositionen kann es aber nach einiger Zeit losgehen mit dem Einschlafen.
 
Wenn keine erkennbaren Veränderungen an HWS, keine frühere Schlüsselbeinfraktur, keine Halsrippe vorliegen, würde ich auf ein thoracic outlet syndrome mit topologischer Beteiligung von C6/7 bzw. unterer Armplexus tippen. Engstelle entweder Skalenuslücke oder ein costoclaviculäres Kompressionssyndrom. Es muss nicht notwendigerweise der Nerv selbst eingeengt sein, es könnten auch venöse oder arterielle Kompressionen dahinter stecken - insbesondere dann, wenn die Symptome bei Entlastung rasch reversibel sind. Ein stets schmerzfreier Verlauf spräche auch eher für eine vaskuläre Genese.

Hochinteressant, vielen lieben Dank für deine Einschätzung! Thoracic outlet syndrome... wieder was gelernt ;)

Beziehst Du das "lebensgefährlich" auf den Chiropraktiker, oder sonstige Naturheilkunde (Heilpraktiker..)? Ich frage, weil ich mich wegen meiner mich plagenden Wirbelsäule gelegentlich gerne "einrenken" lassen würde.

Nun, es kommt darauf an, was ein Chiropraktiker unter Chiropraktik versteht und ob er Arzt ist oder Heilpraktiker. Aber lies mal die Wikipediaseite zum Thema, da stehen ein paar gute Sachen: https://de.wikipedia.org/wiki/Chiropraktik

Zitat: "Ursprünglich wurde in der im 19. Jahrhundert von Daniel David Palmer begründeten Chiropraktik die These vertreten, dass verschiedenste auch nicht-orthopädische Krankheiten durch eine Fehlstellung der Wirbelgelenke verursacht würden und dementsprechend durch eine manipulative Korrektur der Fehlstellung geheilt werden können. Diese Ansicht widerspricht den Erkenntnissen zur Anatomie, Physiologie und Pathologie des menschlichen Organismus aus dem 20. Jahrhundert."

Und weiter unten: "In einem Übersichtsartikel zur Chiropraktik vom Mai 2008 kam der Leiter der Abteilung für Naturheilkunde der englischen Universität von Exeter, Edzard Ernst, nach Durchsicht wissenschaftlicher Artikel zum Thema zum Schluss, dass die Chiropraktik auf "mystischen Konzepten" basiere. Außerdem basierten die grundlegenden Konzepte der Chiropraktik wie Subluxation und die spinale Manipulation nicht auf "solid science" (= "fundierter Wissenschaft“)."

Edzard Ernst ist übrigens ein sehr korrekter Typ, waschechter Wissenschaftler, obwohl er ständig nur alternative Praktiken untersucht (wofür die meisten Wissenschaftler garkeine Geduld bzw. keinen Anlass sehen).

Weiter: "Auch neuere Untersuchungen zeigen, dass es keinen Zusammenhang zwischen Krankheit und Subluxation von Wirbeln durch ungünstige Beeinflussung der angeblich betroffenen Nerven zu geben scheint."

Die Chiropraktik ist ungefähr so entstanden wie die Homeopathie, nämlich buchstäblich als Hirngespinnst eines eigentlich unqualifizierten Esoterikers. Die Wikipediaseite zum Erfinder Daniel David Palmer sagt es schön: "Palmer hatte verschiedene Jobs als Barkeeper, Schullehrer und Lebensmittelgeschäftsinhaber. Er hatte Interesse an den verschiedenen Gesundheitsphilosophien seiner Zeit, wie magnetisches Heilen, Osteopathie und Spiritualität. Palmer übte den Beruf des magnetischen Heilers ab 1885 in Burlington und in Davenport, Iowa aus." Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_David_Palmer

Ein Nichtmediziner aus der quasi-vorwissenschaftlichen Steinzeit, der an jede Menge Quatsch glaubt, erfindet seine eigene Sparte der Quacksalberei. Wie man daraus als Arzt, der es ja besser wissen sollte, etwas seriöses für seine Patienten machen will, ist mir unvorstellbar. Es ist wie Woody Allen sagte: "That which originates from a foul deed will blossom in a foul manner." Alle ursprünglich fehlgeleiteten Praktiken werden auch heute nicht auf einen grünen Zweig gekommen sein.

Ich vermute, die Verbreitung der Chiropraktik ist ursächlich vergleichbar mit der Akupunktur. Anekdotenalarm! Ein befreundeter Allgemeinmediziner, der ansonsten bei völlig klarem Verstand ist und dessen medizinischer Expertise ich 100% vertraue, hat eine Zusatzausbildung in Akupunktur gemacht und bietet das jetzt in seiner Praxis an. Nicht weil er daran glaubt, ganz im Gegenteil, aber er sagt, es ist spottbillig, frei von Risiken, die Patienten fragen es viel nach und es bringt jede Menge "easy money". Er hat einfach aufgehört, die Leute richtig zu beraten, wie es eigentlich seine Pflicht ist, weil es bei Gläubigen ohnehin nichts bringt, viel Zeit frisst und Null Geld bringt. Stattdessen geht er den Weg des geringsten Widerstandes und zockt ihnen einfach das Geld ab, das sie ansonsten einem anderen Akupunkteur geben würden. Besser in seiner Tasche als in der irgendeines Heilpraktikers. Lasst euch also nicht abzocken und glaubt nicht an die Versprechen unwissenschaftlicher Voodoopraktiken! Die Ärzte, die das anbieten, sind zumindest in dieser Hinsicht sehr zweifelhafte Zeitgenossen.
 
Ein befreundeter Allgemeinmediziner, der ansonsten bei völlig klarem Verstand ist und dessen medizinischer Expertise ich 100% vertraue, hat eine Zusatzausbildung in Akupunktur gemacht und bietet das jetzt in seiner Praxis an. Nicht weil er daran glaubt, ganz im Gegenteil, aber er sagt, es ist spottbillig, frei von Risiken, die Patienten fragen es viel nach und es bringt jede Menge "easy money". Er hat einfach aufgehört, die Leute richtig zu beraten, wie es eigentlich seine Pflicht ist, weil es bei Gläubigen ohnehin nichts bringt, viel Zeit frisst und Null Geld bringt. Stattdessen geht er den Weg des geringsten Widerstandes und zockt ihnen einfach das Geld ab, das sie ansonsten einem anderen Akupunkteur geben würden. Besser in seiner Tasche als in der irgendeines Heilpraktikers. Lasst euch also nicht abzocken und glaubt nicht an die Versprechen unwissenschaftlicher Voodoopraktiken! Die Ärzte, die das anbieten, sind zumindest in dieser Hinsicht sehr zweifelhafte Zeitgenossen.
... wobei Akupunktur zumindest einen greifbaren Placeboeffekt auslösen kann.
 
Hochinteressant, vielen lieben Dank für deine Einschätzung! Thoracic outlet syndrome... wieder was gelernt ;)



Nun, es kommt darauf an, was ein Chiropraktiker unter Chiropraktik versteht und ob er Arzt ist oder Heilpraktiker. Aber lies mal die Wikipediaseite zum Thema, da stehen ein paar gute Sachen: https://de.wikipedia.org/wiki/Chiropraktik

Zitat: "Ursprünglich wurde in der im 19. Jahrhundert von Daniel David Palmer begründeten Chiropraktik die These vertreten, dass verschiedenste auch nicht-orthopädische Krankheiten durch eine Fehlstellung der Wirbelgelenke verursacht würden und dementsprechend durch eine manipulative Korrektur der Fehlstellung geheilt werden können. Diese Ansicht widerspricht den Erkenntnissen zur Anatomie, Physiologie und Pathologie des menschlichen Organismus aus dem 20. Jahrhundert."

Und weiter unten: "In einem Übersichtsartikel zur Chiropraktik vom Mai 2008 kam der Leiter der Abteilung für Naturheilkunde der englischen Universität von Exeter, Edzard Ernst, nach Durchsicht wissenschaftlicher Artikel zum Thema zum Schluss, dass die Chiropraktik auf "mystischen Konzepten" basiere. Außerdem basierten die grundlegenden Konzepte der Chiropraktik wie Subluxation und die spinale Manipulation nicht auf "solid science" (= "fundierter Wissenschaft“)."

Edzard Ernst ist übrigens ein sehr korrekter Typ, waschechter Wissenschaftler, obwohl er ständig nur alternative Praktiken untersucht (wofür die meisten Wissenschaftler garkeine Geduld bzw. keinen Anlass sehen).

Weiter: "Auch neuere Untersuchungen zeigen, dass es keinen Zusammenhang zwischen Krankheit und Subluxation von Wirbeln durch ungünstige Beeinflussung der angeblich betroffenen Nerven zu geben scheint."

Die Chiropraktik ist ungefähr so entstanden wie die Homeopathie, nämlich buchstäblich als Hirngespinnst eines eigentlich unqualifizierten Esoterikers. Die Wikipediaseite zum Erfinder Daniel David Palmer sagt es schön: "Palmer hatte verschiedene Jobs als Barkeeper, Schullehrer und Lebensmittelgeschäftsinhaber. Er hatte Interesse an den verschiedenen Gesundheitsphilosophien seiner Zeit, wie magnetisches Heilen, Osteopathie und Spiritualität. Palmer übte den Beruf des magnetischen Heilers ab 1885 in Burlington und in Davenport, Iowa aus." Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_David_Palmer

Ein Nichtmediziner aus der quasi-vorwissenschaftlichen Steinzeit, der an jede Menge Quatsch glaubt, erfindet seine eigene Sparte der Quacksalberei. Wie man daraus als Arzt, der es ja besser wissen sollte, etwas seriöses für seine Patienten machen will, ist mir unvorstellbar. Es ist wie Woody Allen sagte: "That which originates from a foul deed will blossom in a foul manner." Alle ursprünglich fehlgeleiteten Praktiken werden auch heute nicht auf einen grünen Zweig gekommen sein.

Ich vermute, die Verbreitung der Chiropraktik ist ursächlich vergleichbar mit der Akupunktur. Anekdotenalarm! Ein befreundeter Allgemeinmediziner, der ansonsten bei völlig klarem Verstand ist und dessen medizinischer Expertise ich 100% vertraue, hat eine Zusatzausbildung in Akupunktur gemacht und bietet das jetzt in seiner Praxis an. Nicht weil er daran glaubt, ganz im Gegenteil, aber er sagt, es ist spottbillig, frei von Risiken, die Patienten fragen es viel nach und es bringt jede Menge "easy money". Er hat einfach aufgehört, die Leute richtig zu beraten, wie es eigentlich seine Pflicht ist, weil es bei Gläubigen ohnehin nichts bringt, viel Zeit frisst und Null Geld bringt. Stattdessen geht er den Weg des geringsten Widerstandes und zockt ihnen einfach das Geld ab, das sie ansonsten einem anderen Akupunkteur geben würden. Besser in seiner Tasche als in der irgendeines Heilpraktikers. Lasst euch also nicht abzocken und glaubt nicht an die Versprechen unwissenschaftlicher Voodoopraktiken! Die Ärzte, die das anbieten, sind zumindest in dieser Hinsicht sehr zweifelhafte Zeitgenossen.

Hab ich auf Wiki schon nachgelesen.

Vom Orthopäden wurde ich schon hin und wieder "eingerenkt" k. A. ob das dann Chiropraktik war, aber einige Zeit "sich besser fühlen" war/ist schon schön.

Soll Dein Hinweis auf Vodoo sagen, dass Chiropraktik nichts bringt?
 
Vom Orthopäden wurde ich schon hin und wieder "eingerenkt" k. A. ob das dann Chiropraktik war, aber einige Zeit "sich besser fühlen" war/ist schon schön.

Die aktuelle Konsensposition ist und war immer, dass da nichts eingerenkt werden kann, da zuvor auch nichts ausgerenkt war. Die von der Chiropraktik behaupteten "Blockaden" gibts nicht in dieser Form nicht.

Mir hat auch schon ein Orthopäde mal unaufgefordert und überraschend an der Wirbelsäule mehrere Wirbel "eingerenkt". Hat laut geknackt und sich gut angefühlt. Ist aber immer so, wenn du Zuwendung, Aufmerksamkeit und positiv bewertete körperliche Manipulation bekommst - vor allem, wenn man auch noch glaubt, dass der Therapeut wirklich was wirksames gemacht hat und es helfen wird. Eine Massage, Physiotherapie, etc. hätte sich auch gut angefühlt und dasselbe Ergebnis gehabt.

Ich hab die grundlegenden Handgriffe des einrenkens auch gelernt (ist sehr einfach. kann jeder). Es funktioniert bei wirklich jedem. Es knackst und fühlt sich irgendwie gut an, bei 100% aller Menschen. Der Taschenspielertrick ist dann zu behaupten, dass das irgendeine offizielle Form der Therapie war und jetzt alles besser wird.

Soll Dein Hinweis auf Vodoo sagen, dass Chiropraktik nichts bringt?

Das ist meine Meinung und auch das Ergebnis fast aller ernstzunehmenden Studien zu diesem Thema. Mit "bringt nichts" meine ich, dass die Manipulation an der Wirbelsäule keinen anatomischen oder funktionellen Defekt korrigiert, weil da keiner war und selbst wenn da einer wäre, dann wären die Handgriffe der Chiropraktik garnicht dazu geeignet, ihn zu beheben. Aber beim Chiropraktiker passiert ja viel mehr. Eine im Optimalfall respektierte und für kompetent gehaltene Person redet mit dem Patienten, gibt Aufmerksamkeit, Sympathie, Zuwendung und körperliche Berührung. Das führt immer zu einer subjektiven Verbesserung und jeder Arzt, der auch nur einen Pfifferling wert ist sorgt dafür, dass du dich nach einem Termin besser fühlst als davor. Nur hatte die Manipulation an sich keinen echten Effekt, der Körper wurde nicht wirklich verändert oder verbessert.

... wobei Akupunktur zumindest einen greifbaren Placeboeffekt auslösen kann.

Meine Intuition ist, dass der Placeboeffekt in Studien ein statistisches Artefakt ist, und kein eigentlicher "Effekt". Ein Gradmesser für die Unzuverlässigkeit der Methodologie, so wie er ja auch ursprünglich gemeint war. Meiner Meinung nach wäre die Annahme, dass ein wirkstoffloses Scheinpräparat zu einem pharmakodynamischem Effekt führt, intellektuell pervers. So eine Sichtweise würde viel viel wissenschaftlichen Unterbau benötigen, im Sinne von "extraordinary claims require extraordinary evidence". Was ich so aus der Laienpresse entnehme scheint aber darauf hinzweisen, dass viele Ärzte und Wissenschaftler von einem echten Effekt im eigentlichen Sinne ausgehen und das Placebo therapeutisch nutzen möchten (was ich extrem fragwürdig finde). Alles deutet für mich darauf hin, dass Placeboeffekte aus der Unfähigkeit resultieren, subjektive, nicht physikalisch greifbare Zustände zu quantifizieren, etwa Schmerz, Depression, o.ä. Bei objektiv eindeutigen Fragestellungen sind Placeboeffekte ja eher gering ausgeprägt.

Ich persönlich habe ja The Art of Bullshit (TM) gelernt und kann inzwischen in Famulaturen gut machen, dass sich Patienten subjektiv irrtümlicherweise ein bisschen besser fühlen, durch Worte, Berührung oder Medikament. Manche würden das Placeboeffekt nennen, aber es ist ja eben kein Effekt im eigentlichen Sinne des Wortes.
 
Zuletzt bearbeitet:
@cmus, da Danke ich Dir für die Aufklärung. Die Orthopäden haben allerdings nie etwas behauptet, sondern einfach nur eingerenkt. Mir ist schon klar, dass man einen Defekt nicht einfach so beheben kann, sonst müsste man die Behandlung nicht wiederholen. Danach hatte ich immer das Gefühl, mich eine zeitlang besser bewegen zu können, auch wenn es nur Einbildung war...
 
Die von der Chiropraktik behaupteten "Blockaden" gibts nicht in dieser Form nicht.
Hast Du da online frei zugängliches Material dafür? (Was handfestes, n Paper oder so). Interessiert mich wirklich...
Mir hat auch schon ein Orthopäde mal unaufgefordert und überraschend an der Wirbelsäule mehrere Wirbel "eingerenkt". Hat laut geknackt und sich gut angefühlt. Ist aber immer so, wenn du Zuwendung, Aufmerksamkeit und positiv bewertete körperliche Manipulation bekommst - vor allem, wenn man auch noch glaubt, dass der Therapeut wirklich was wirksames gemacht hat und es helfen wird. Eine Massage, Physiotherapie, etc. hätte sich auch gut angefühlt und dasselbe Ergebnis gehabt.
Da habe ich mehrfach andere Erfahrungen gemacht mit meiner Wirbelsäule. Bloße Zuwendung oder der Glaube allein hilft bei mir definitiv nicht, auch nicht normale Physiotherapie oder Massagen (alles ausprobiert). Manuelle Therapeuten oder Chiropraktiker (gibts da n Unterschied? Knacken können beide) hingegen schon, und das bei mir relativ rasch und nachhaltig (auch nach längerer Schmerzphase >4 Wochen). Und ich bin ein naturgemäß kritischer, rationaler Mensch. N weisser Kittel reicht da definitiv nicht, die Dinger hab ich auch selber im Schrank. Mir war auch nicht bewusst, dass die Knackerei mit irgendwelchen obskuren Märchentheorien verbunden ist. Letzteres ist für mich jedoch nicht unbedingt ein Grund, an sich Funktionierendes abzulehnen (wobei es die Sache natürlich in etwas trüberem Licht erscheinen lässt).
 
Meine Intuition ist, dass der Placeboeffekt in Studien ein statistisches Artefakt ist, und kein eigentlicher "Effekt". Ein Gradmesser für die Unzuverlässigkeit der Methodologie, so wie er ja auch ursprünglich gemeint war. Meiner Meinung nach wäre die Annahme, dass ein wirkstoffloses Scheinpräparat zu einem pharmakodynamischem Effekt führt, intellektuell pervers. So eine Sichtweise würde viel viel wissenschaftlichen Unterbau benötigen, im Sinne von "extraordinary claims require extraordinary evidence". Was ich so aus der Laienpresse entnehme scheint aber darauf hinzweisen, dass viele Ärzte und Wissenschaftler von einem echten Effekt im eigentlichen Sinne ausgehen und das Placebo therapeutisch nutzen möchten (was ich extrem fragwürdig finde). Alles deutet für mich darauf hin, dass Placeboeffekte aus der Unfähigkeit resultieren, subjektive, nicht physikalisch greifbare Zustände zu quantifizieren, etwa Schmerz, Depression, o.ä. Bei objektiv eindeutigen Fragestellungen sind Placeboeffekte ja eher gering ausgeprägt.
Wenn Schmerz ein "Effekt" ist, dann ist es auch dessen Linderung. Natürlich sind Placeboeffekte bei Prozessen, die keine Bewertung durch das Zentralnervensystem erfahren, geringer ausgeprägt oder fehlen sogar gänzlich. So hat beim Diabetiker eine subcutane Placebo-Injektion keinerlei Blutzucker-senkenden Effekt. Ein Placebo wird im statistischen Mittel anders als ein vernünftiges Verum-Präparat gegen Hepatitis C keine Veränderung der viralen RNA-Last bewirken. Bei Blutdruck-Senkung sind wir irgendwo im Mittelfeld, da auch das vegetative Nervensystem Placebo-Information an die Endorgane vermitteln kann. Bei der Bewertung von Schmerzen, Angst, Depressivität, Patientenzufriedenheit, ... sind wir bei Messwerten, die immer einer starken Beeinflussung durch die Erwartungshaltung unterliegen. Entsprechend stark ausgeprägt ist ein Placeboeffekt. Man kann aber schwerlich Schmerz, Angst, Depression, Zufriedenheit, ... als statistisches Artefakt abtun.

Um die Sache noch auf die Spitze zu treiben: dass ein Placeboeffekt eine echte Pharmakodynamik besitzt, würde man intuitiv tatsächlich für unmöglich halten. Nun ist aber der Placeboeffekt eines Analgetikum-Scheinpräparates in manchen Studien lustigerweise durch einen Opioid-Rezeptor-Antagonisten (Naloxon) aufhebbar. Also bedient sich das Placebo möglicherweise indirekt der physiologischen Mechanismen zur Schmerzunterdrückung. Natürlich bindet der Milchzucker des Placebopräparates nicht am Opioidrezeptor, aber das Placebo hat dazu geführt, dass unsere eigenen Schmerz-hemmenden Neurone vermehrt Endorphine, Enkephaline, ... ausschütten, die ihrerseits natürlich tatsächlich einen pharmakodynamischen Effekt erzeugen können.

Sich auf Biologie (oder Medizin) einzulassen bedeutet nun mal, auch etwas komplexe und teils verworren scheinende Mechanismen erkennen und anerkennen zu müssen. Es bleibt aber dennoch dabei, dass man nicht gleich jeder Quacksalberei auf den Leim gehen muss.
 
Da habe ich mehrfach andere Erfahrungen gemacht mit meiner Wirbelsäule. Bloße Zuwendung oder der Glaube allein hilft bei mir definitiv nicht, auch nicht normale Physiotherapie oder Massagen (alles ausprobiert). Manuelle Therapeuten oder Chiropraktiker (gibts da n Unterschied? Knacken können beide) hingegen schon, und das bei mir relativ rasch und nachhaltig (auch nach längerer Schmerzphase >4 Wochen). Und ich bin ein naturgemäß kritischer, rationaler Mensch. N weisser Kittel reicht da definitiv nicht, die Dinger hab ich auch selber im Schrank. Mir war auch nicht bewusst, dass die Knackerei mit irgendwelchen obskuren Märchentheorien verbunden ist. Letzteres ist für mich jedoch nicht unbedingt ein Grund, an sich Funktionierendes abzulehnen (wobei es die Sache natürlich in etwas trüberem Licht erscheinen lässt).

Das kann ich 100% unterschreiben.
 
Hast Du da online frei zugängliches Material dafür? (Was handfestes, n Paper oder so). Interessiert mich wirklich...

Ich hab jetzt nur die Zeit, die Quellen aus Wikipediaartikeln aufzulisten:

http://www.jpsmjournal.com/article/S0885-3924(07)00783-X/fulltext
https://www.sciencebasedmedicine.org/the-end-of-chiropractic/
http://www.chiroandosteo.com/content/pdf/1746-1340-17-13.pdf
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21952385

In der englischen Wikipedia sind mehr, als Quellenverweise.

Wenn Schmerz ein "Effekt" ist, dann ist es auch dessen Linderung.

Genau das ist der Punkt, den ich vielleicht nicht korrekt erklärt habe: Ich gehe davon aus, dass es einen "echten Schmerz" als neurophysiologischen Prozess gibt, und davon abgesehen einen Schmerz, den der Patient mit Worten beschreibt. Die Frage ist, warum sollte sich der echte Schmerz durch ein Placebo ändern? Solange mir darauf niemand eine plausible Theorie gibt - ich will keine Evidenz, keine Studien, sondern eine plausible Erklärung! - solange kann ich nicht akzeptieren, dass ein Scheinmedikament, das per Definition als wirkungslos angesehen werden muss, einen Effekt hat.

Angenommen ein Patient wird nach einer OP, wie man das halt so macht, gefragt "wie ist Ihr Schmerz auf einer Skala von 1 bis 10?". Ich nehme an, dass der "echte" Schmerz sich durch ein Placebo nicht ändert, aber der Patient irrtümlich oder unbewusst-fälschlich sagt, dass er sich bessert. Da gibt es ja in der medizinischen Psychologie etliche Mechanismen, die einen Placeboeffekt rein psychologisch erklären, ohne dass sich der Schmerz oder dessen Bewertung sich ändern muss. Vielleicht kennst du das ja selber, aber wenn ich mal im Krankenhaus liege und diese Frage gestellt bekomme, dann habe ich nie eine Ahnung, was ich antworten soll. Kann gut sein dass ich "5" sage, wenn die Schwester nett ist und "7", wenn die Schwester böse ist.

Angenommen, es gäbe eine Methode, Schmerz 100% zuverlässig objektiv zu messen, und zwar unabhängig von der Aussage des Patienten. Sagen wir mit Bildgebung wie fMRI oder PET-MRT-Orgonspectrographie oder so. Würde man das Ergebnis der objektiven Messung mit der Befragung des Patienten nach irgendeiner Rating-Skala vergleichen, welchen Zusammenhang gäbe es da? Welche Unterschiede gäbe es zwischen verschiedenen Rating-Skalen? Und welchen Einfluss hätte ein Placebo?

Man kann aber schwerlich Schmerz, Angst, Depression, Zufriedenheit, ... als statistisches Artefakt abtun.

Nicht Schmerz, Angst, Depression etc. per se, sondern in Statistiken deren Änderung infolge eines Placebos. Das wollte ich sagen.

Nun ist aber der Placeboeffekt eines Analgetikum-Scheinpräparates in manchen Studien lustigerweise durch einen Opioid-Rezeptor-Antagonisten (Naloxon) aufhebbar. Also bedient sich das Placebo möglicherweise indirekt der physiologischen Mechanismen zur Schmerzunterdrückung.

Deine Schlussfolgerung ergibt sich aber nicht zwingend aus den von dir genannten Studien (die ich teilweise gelesen habe). Denk dran dass eine direkte Wirkung eines Placebos auf die Schmerzphysiologie ein extraordinary claim ist! Ich habe gerade über die Naloxon-/Endorphinstudien viel nachgedacht und bin zu folgendem Ergebnis gekommen:

Angenommen bei der Ausprägung des Placeboeffekts sind die physiologischen Mechanismen der Schmerzentstehung und Schmerzunterdrückung nicht beteiligt, aber angenommen, die Blockade von (µ-)Opioidrezeptoren führt dennoch zu einer Reduktion des Placeboeffekts. Welche alternativen neurophysiologischen Prozesse mit Opioidrezeptobeteiligung können wir postulieren, um dieses Ergebnis zu erklären?

Na beispielsweise die Belohnungsschaltkreise, die traditionell als "dopaminerg" (Nucleus Accumbens, Striatum, etc.) bezeichnet werden, die aber dennoch u.a. durch Opioidrezeptoren moduliert werden bzw. opioidabhängige nachgeschaltete Effekte haben. Beim Placeboeffekt geht es ja um die Bewertung einer erstmal noch ungewissen Wirkung, d.h. wer ein Medikament bekommt, macht eine reward prediction. Belohnungseffekte spielen also plausiblerweise eine Rolle. Während Dopamin im Belohnungsschaltkreis v.a. mit Motivation/Erwartung in Verbindung gebracht wird, ist die Gratifikation (nachgeschaltet) primär von Opioidrezeptoren, ich glaube primär µ, abhängig.

Ich habe eine Studie gefunden, die genau diese Fragestellung untersucht hat, nämlich http://archpsyc.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=210854

Ich fasse zusammen: Parkinsonpatienten, die L-Dopa nehmen, wurden ohne ihr Wissen plötzlich auf Placebo umgestellt. Sie wurden in 4 Gruppen aufgeteilt und jede Gruppe wurde angelogen, Zitat: "Verbal manipulation was used to modulate the expectations of patients, who were told that they had a particular probability (25%, 50%, 75%, or 100%) of receiving active medication when they in fact received placebo." Gemessen wurde die Dopaminantwort auf das Placebo via Tracer decline und die klinische Antwort der Parkinsonsymptomatik. "Conclusions: The strength of belief of improvement can directly modulate dopamine release in patients with PD. Our findings demonstrate the importance of uncertainty and/or salience over and above a patient's prior treatment response in regulating the placebo effect and have important implications for the interpretation and design of clinical trials."

Interessante Grafik:
"Figure 2. Clinical response to placebo. [...] In group A, subjects were told that their chances of receiving active levodopa were 25%; group B, 50%; group C, 75%; and group D, 100%." * = statistisch signifikant
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Dass die Gruppe mit 100% Verum-Erwartung den geringsten Placeboeffekt hatte sowie die ganze Disksussion der Studie ist sehr interessant.

Natürlich bindet der Milchzucker des Placebopräparates nicht am Opioidrezeptor, aber das Placebo hat dazu geführt, dass unsere eigenen Schmerz-hemmenden Neurone vermehrt Endorphine, Enkephaline, ... ausschütten, die ihrerseits natürlich tatsächlich einen pharmakodynamischen Effekt erzeugen können.

Dass die Opioidwirkung körpereigen sein muss ist klar, aber dass es um schmerzhemmende Neurone im Sinne der physiologischen Schmerzverarbeitungsschaltkreise geht, ist nicht "natürlich". Placeboeffekte gibt es nicht nur bei Schmerz, sondern bei allem, was nicht objektiv messbar ist, auch bei nicht-medizinischen Studien im Bereich Psychologie/Verhalten. Es ist also nicht zu erwarten, dass ein physiologischer Mechanismus, wenn es einen gibt, schmerzspezifisch ist. Das Belohnungssystem ist aber wirklich überall beteiligt, wo es im subjektive Einschätzung von Nutzen und Nachteil geht, und es enthält Opioidrezeptoren als zentralen Bestandteil.
 
Danke. Schade, die obigen sind fast durchwegs nicht frei zugänglich, und das vierte ist wischi-waschi. Na mal sehen, vielleicht finde ich noch was...
 
Die ersten 3 sind doch frei zugänglich. Ich hab übrigens Zugang zu fast allen Fachjournalen über die Uni, wenn du mal einen unfreien Artikel findest, schreib mich an.
 
Nur kurz zu einzelnen Punkten:

Genau das ist der Punkt, den ich vielleicht nicht korrekt erklärt habe: Ich gehe davon aus, dass es einen "echten Schmerz" als neurophysiologischen Prozess gibt, und davon abgesehen einen Schmerz, den der Patient mit Worten beschreibt. Die Frage ist, warum sollte sich der echte Schmerz durch ein Placebo ändern? Solange mir darauf niemand eine plausible Theorie gibt - ich will keine Evidenz, keine Studien, sondern eine plausible Erklärung! - solange kann ich nicht akzeptieren, dass ein Scheinmedikament, das per Definition als wirkungslos angesehen werden muss, einen Effekt hat.
Die Definition von Schmerz schließt dessen Bewertung im ZNS ein. Davor nennt sich das Ganze "Nozizeption" und noch nicht Schmerz. Schmerz passiert immer (!) im Kopf. Aus diesem musst Du die Information irgendwie herausholen. Die Befragung ist hierzu der direkteste Weg.

In einem Tier kann man daher Schmerzen nicht direkt messen. Was gemessen wird, ist Schmerz-vermeidendes oder -abwehrendes Verhalten (nocifensive behaviour) oder - bei tierexperimenteller Herangehensweise vielleicht noch eine neuronale Aktivität im peripheren Nerv oder auf Rückenmarksebene. Selbst wenn man Schmerz-evozierte Potentiale/"Schmerz-EEG"/"Schmerz-MRT"/... in der Hirnrinde messen könnte - es bleiben Schmerz-assoziierte Signale und immer noch kein "Schmerz".

Ja, wenn Du Vorstufen des Schmerzes, also nozizeptive Signale misst, dann können Placeboeffekte geringer ausfallen oder sogar fehlen.

Angenommen, es gäbe eine Methode, Schmerz 100% zuverlässig objektiv zu messen, und zwar unabhängig von der Aussage des Patienten. Sagen wir mit Bildgebung wie fMRI oder PET-MRT-Orgonspectrographie oder so. Würde man das Ergebnis der objektiven Messung mit der Befragung des Patienten nach irgendeiner Rating-Skala vergleichen, welchen Zusammenhang gäbe es da? Welche Unterschiede gäbe es zwischen verschiedenen Rating-Skalen? Und welchen Einfluss hätte ein Placebo?
Der Zusammenhang dürfte relativ hohe intra- und inter-individuelle Schwankungen aufweisen. Letztere sicherlich noch Kultur-, Lebensstil-, Geschlechts-, ... -abhängig.

Nicht Schmerz, Angst, Depression etc. per se, sondern in Statistiken deren Änderung infolge eines Placebos. Das wollte ich sagen.
Messe mal Angst, Depression ohne dafür mit einem Probanden zu kommunizieren! Klar kann man Angst-assoziierte Hautwiderstands-Veränderungen, Depressions-assoziierte Verhaltensänderungen oder Suizide auch ohne Patientenbefragung beobachten. Die Angst oder Depressivität als solche sind aber im Subjekt verankerte Dinge.


Angenommen bei der Ausprägung des Placeboeffekts sind die physiologischen Mechanismen der Schmerzentstehung und Schmerzunterdrückung nicht beteiligt, aber angenommen, die Blockade von (µ-)Opioidrezeptoren führt dennoch zu einer Reduktion des Placeboeffekts. Welche alternativen neurophysiologischen Prozesse mit Opioidrezeptobeteiligung können wir postulieren, um dieses Ergebnis zu erklären?

Na beispielsweise die Belohnungsschaltkreise, die traditionell als "dopaminerg" (Nucleus Accumbens, Striatum, etc.) bezeichnet werden, die aber dennoch u.a. durch Opioidrezeptoren moduliert werden bzw. opioidabhängige nachgeschaltete Effekte haben.
...
Dass die Opioidwirkung körpereigen sein muss ist klar, aber dass es um schmerzhemmende Neurone im Sinne der physiologischen Schmerzverarbeitungsschaltkreise geht, ist nicht "natürlich". Placeboeffekte gibt es nicht nur bei Schmerz, sondern bei allem, was nicht objektiv messbar ist, auch bei nicht-medizinischen Studien im Bereich Psychologie/Verhalten. Es ist also nicht zu erwarten, dass ein physiologischer Mechanismus, wenn es einen gibt, schmerzspezifisch ist. Das Belohnungssystem ist aber wirklich überall beteiligt, wo es im subjektive Einschätzung von Nutzen und Nachteil geht, und es enthält Opioidrezeptoren als zentralen Bestandteil.
Natürlich sind nicht alle Placeboeffekte strikt auf jeweils einzelne (opioiderge oder dopaminerge, ...) Systeme festnagelbar. Vieles wird noch lange im Dunkeln bleiben, da Placeboeffekte nun mal so komplex sind, wie unsere "höheren kognitiven Zentren" halt mal ticken.

Bei der L-Dopa-Studie könnte es auch sein, dass die Patienten, denen eine 100%-ige Wahrscheinlichkeit der Verumgabe kommuniziert wurde, der "Schwindel" durch den Patienten leichter aufdeckbar war, as bei den Gruppen mit 25%, 50% oder 75% Wahrscheinlichkeit der L-Dopa-Applikation.
 
Die Definition von Schmerz schließt dessen Bewertung im ZNS ein. Davor nennt sich das Ganze "Nozizeption" und noch nicht Schmerz. Schmerz passiert immer (!) im Kopf. Aus diesem musst Du die Information irgendwie herausholen. Die Befragung ist hierzu der direkteste Weg.

Es geht mir grundsätzlich nicht so sehr darum, was wirklich im Menschen passiert, sondern inwiefern unsere Messmethoden geeignet sind, das rauszufinden. Bei vielen Fragestellungen sind sie es so ungefähr, aber mein Punkt ist, dass dort, wo große Placeboeffekte auftreten, die Methodologie unzureichend ist, und dass der Placeboeffekt ein sinnvolles Maß für diese Unzulänglichkeit ist, aber kein sinnvolles Maß für das, was im Menschen passiert. Mit anderen Worten gibt es bei einer jeden Messung immer eine gewisse Unschärfe, und die medizinische Forschung neigt dazu, innerhalb dieser Unschärfe einen systematischen Fehler zu machen, den sie "Placebo" nennt, und zur Prävention verzerrter Ergebnisse vom eigentlichen Messwert abzieht. Zumindest ist das ja der ursprüngliche Grund von placebokontrollierten Studiendesigns, d.h. bis zu einem gewissen Zeitpunkt haben die Forscher nicht gesagt "Wow, Zuckerwasser heilt alle Krankheiten, wie faszinierend", sondern "Oh oh, unsere Bemühungen sind grundsätzlich verzerrt und wir müssen was dagegen tun". Irgendwann hat sich das scheinbar gewandelt und jetzt suchen alle nach der physiologischen Grundlage des Placeboeffekts.

Dass es ein biologisches Korrelat dafür gibt, dass Patienten nach einem Placebo sagen, es ginge ihnen besser, das ist mir klar aber egal, da hätte ich Wittgensteins letzten Satz befolgen und nicht die Diskussion in diese Richtung ablenken sollen.

Ich hab diesen Ausläufer der Diskussion ja begonnen, weil du geschrieben hast, dass Akupunktur "zumindest einen greifbaren Placeboeffekt" hat. Meine Meinung ist, dass dieser Placeboeffekt nur in Statistiken als Maß für Verzerrungen sinnvoll ist, aber in Einzelfällen oder Anekdoten ist er nicht sinnvoll oder sinnvoll messbar, weil die Dinge, die dort vermeintlich gemessen werden, nur als Statistik, also als aggregierte große Datenmengen Sinn machen. Sobald man einen Placeboeffekt als eigentlichen Effekt postuliert, verwechselt man das Rauschen mit dem Signal, wie die Anhänger der bayesianischen Statistik sagen. Und man ist gefährlich nahe daran, jede unwissenschaftliche oder wirkungslose Praktik mit Placebo zu rechtfertigen, so wie die Öffentlichkeit es inzwischen leider überwiegend tut (aber ich weiß, dass letzteres nicht dein Punkt ist!).

Meine Mutter (70 Jahre), die sich auf eigene Rechnung immer Hylauronsäure ins Knie und diverse ihr unbekannte Cocktails in den Rücken spritzen lässt, reagiert auf meinen Protest auch immer mit dem "zumindest Placebo"-Argument. Die ganze innere Architektur meiner Position ist über 10 Jahre entstanden, während ich auch in der Zeit direkt nach diesen Spritzen noch für sie einkaufen oder abwaschen musste, weil sie nicht stehen konnte...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ohne zu tief in eure Diskussion einsteigen zu wollen: Schmerz verhält sich ja analog zu Bewusstsein und hat eine fundamental qualitative Komponente, kommt also immer mit einem Erleben aus der 1. Person Perspektive daher. Da stößt man methodologisch notwendig an Grenzen. You´ll never know what it is like to be a bat ;)
 
Mit Deiner Annahme, dass die Störung oberhalb des Ellenbogengelenks liegt, dürftest Du richtig liegen. Kompression am Oberarm selbst ist sehr selten. Noch weiter oben gibt es da wieder mehr Möglichkeiten. Dort haben sich die Fasern noch gar nicht zu ihren endgültigen Nerven zusammengelagert, sondern es gibt
- die Nervenwurzeln C(ervical)5-Th(orakal)1
- dann erst mal den "Plexus brachialis"
- "Trunci" und dann
- "Fasciculi"

häufigere Kompressionsmöglichkeiten gibt es:
- an den Nervenwurzeln selbst
- im Bereich der Skalenusmuskulatur
- hinter dem Schlüsselbein

In Deinem Fall ist die Lokalisation nicht ad-hoc zu erraten. Man würde sich vermutlich erst mal die Halswirbelsäule und vielleicht den Bereich um das Schlüsselbein (auch Lungenspitze!) anschauen (weil relativ einfach) und sich dann mit komplexerer Bildgebung (MRT, ...) weiter vorarbeiten.

BTW: bitte nicht Chiropraktiker auf das Problem loslassen!

Mi67 ist sehr wahrscheinlich auf der richtigen Spur. Habe ztw. dieselben Symptome, bei mir wurde eine Bandscheibenprotrusion im Bereich der HWS festgestellt. Wenn's kalt ist, spanne ich die Halsmuskeln unbewusst mehr an, dann sind die Beschwerden stärker. Ein Halstuch tragen und ab und an bewußte Lockerungsübungen für den Nacken brachten deutliche Besserung.
 
Immer wieder lustig, zu lesen, wenn jemand gegen Heilpraktiker, Akkupunktur etc. argumentiert... :D

Mir hat´s geholfen, hilft es und wird es helfen, und das ist kein Placebo-Effekt!

Bedenklich finde ich die Einstellung eines Mediziners in puncto "easy money" - aber es gibt eben in allen Bereichen des Lebens
schwarze Schafe - Ärzte, bei denen ich gleich vor dem Zutritt in´s Behandlungszimmer eine ganze Mappe
mit IGEL-Leistungen in die Hand gedrückt bekomme, sehen mich kein zweites Mal...

Nicht offtopic:
Mir wollte man bei massiven Problemen in Richtung Karpaltunnel-Syndrom auch die Hände aufschnippeln.
Glücklicherweise bin ich an einen zweiten Medizinier geraten, der die OP als Quatsch abgetan hat und
mir durch Ergo- und Physiotherapie im Nacken-/Rückenbreich ( zweimal Physio, einmal Ergo pro Woche, zehn Wochen lang),
geholfen hat. Vorher wurden andere Ursachen (MRT/Bandscheibenvorfall, Blutbild, Gicht, Rheuma) ausgeschlossen.

Heute kann ich wieder nach herzenslust Radfahren ( alles, RR, Crosser, MTB ) und auch Strümpfe stricken,
vor zwei Jahren fiel mir morgens beim Frühstück das Messer aus der Hand...

naturverbundene Grüße
tijule
 
Immer wieder lustig, zu lesen, wenn jemand gegen Heilpraktiker, Akkupunktur etc. argumentiert... :D
Mir hat´s geholfen, hilft es und wird es helfen, und das ist kein Placebo-Effekt!

Bedenklich finde ich die Einstellung eines Mediziners in puncto "easy money" - aber es gibt eben in allen Bereichen des Lebens
schwarze Schafe - Ärzte, bei denen ich gleich vor dem Zutritt in´s Behandlungszimmer eine ganze Mappe
mit IGEL-Leistungen in die Hand gedrückt bekomme, sehen mich kein zweites Mal...

Hier kann ich den elementaren Unterschied nicht wirklich erkennen. Nur weil die Berufsbezeichnung "Heilpraktiker" lautet, ist eine nicht von der Kasse erstattete Leistung OK, und wenn bei der gleichen Leistung die Berufsbezeichnung auf "Arzt" lautet, ist es sogleich bedenklich und flüchtenswert?

Meist schwingt in der Beurteilung der Leistungen mehr Emotion als Ratio mit. Kein Wunder, dass auch für wirre Behandlungskonzepte weiterhin gigantische Umsätze zu Buche stehen.
 
Nur weil die Berufsbezeichnung "Heilpraktiker" lautet, ist eine nicht von der Kasse erstattete Leistung OK, und wenn bei der gleichen Leistung die Berufsbezeichnung auf "Arzt" lautet, ist es sogleich bedenklich und flüchtenswert?
Ich würde ja sagen das es beim Heilpraktiker primär um die Kohle geht ist klar. Von einem Arzt erwarte ich aber das er mich nach dem Stand der Wissenschaft behandelt und mir nicht irgendwas verkauft von dem er selbst ausgeht das es keinen Nutzen hat. Insofern untergräbt es schon mein Vertrauen, oder sagen wir mal ich werde zumindest vorsichtig, wenn ein Arzt so komische Sachen anbietet. Mein HA hat da auch so eine kosmisches Programm, bis hin zum Schröpfen. Ich brauche den jetzt selten und bisher nur für Kleinigkeiten. Aber wenn ich was kompliziertes hätte, würde ich mich wohl nach einer Alternative umsehen.
Von einem Heilpraktiker erwarte ich da nix und würde da allerdings auch nie hingehen.
 
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