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Französiche Rennradklassiker um 1990 - gibt's die?

radarc

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Hallo zusammen,

wir haben kürzlich ein etwas angestaubtes, aber bestens erhaltenenes 77er Peugeot Mixte-Rennsportrad in 100%igem Originalzustand geschenkt bekommen. Beim Putzen fiel mir angenehm auf, dass wirklich alle Teile des Rades aus Frankreich stammen, erkennbar an schönen Schriftzügen und Gravuren. Die Globalisierung hatte 1977 ganz offensichtlich noch nicht begonnen.

Ich bin kein besonderer Kenner der Szene und frage mich nun, warum die meisten in diesem Forum beschriebenen älteren Rennräder aus Italien stammen, mal ganz abgesehen von der Dominanz japanischer Komponenten seit den Achtzigern. Gab es in den 80er Jahren keine namhaften Hersteller von Rennrädern oder Komponenten aus dem Land der Tour de France mehr?

Oder falls doch: Wonach könnte ich suchen, wenn ich Rennrad ganz "made in France" aus der Zeit um 1990 haben möchte?

LG Jan
 
Die Krone der französischen Rennradschöpfung dürfte ein '83er Gitane Team Pro sein, in der Originalausstattung Campa-frei mit Mavic Felgen, Maillard Naben und Kranz, Simplex Schaltung, Stronglight 107 Kurbel, Modolo Équipe Bremsen etc. Aber eben auch italienische Teile, wie Cinelli Lenker u. Vorbau, Turbo Sattel und besagte Bremsen.

Und der Rahmen aus unfranzösischem Reynolds 531C oder 753.

Danach stockte die Weiterentwicklung irgendwie.

Weiß eigentlich jemand, warum Guimards Mannschaft damals dieses Material gefahren ist?

Gruß, svenski.
 
Doch, die hatte auch 1977 schon begonnen. Es gibt auch französische Räder aus den 50ern und 60ern, die mit Campagnolo-Parts ausgestattet waren, oder in den 70ern mit Shimano.

Generell und komplett verallgemeinernd kann man wohl sagen, dass sich französische und italienische Räder bis ca 1980 die Waage halten. Klassische französische Hersteller waren zB Bertin, Carre, Gitane, Herse, Méral, Mercier, Motobecane, Peugeot, oder, was Teile angeht, Huret, Mafac, Simplex, Spidel, Stronglight, TA...

Ab ca. 1980 dann ging es dann langsam bergab.

Einige haben sich langsam von selbst aus dem Rennen geschossen - wie Bertin, die bis in die frühen 80er Spitzen-Räder hergestellt haben, deren Modelle in der Folgezeit jedoch immer einfacher geworden sind.

Andere, wie z.B. Simplex, haben schlicht den Anschluss verpasst. Bei Simplex war besonders tragisch, dass sie sich davor auch noch unnötig den Ruf versaut haben durch die großflächige Verwendung ihres Delrin-Plastiks. Die Schaltwerke funktionieren toll und sind quasi früher Leichtbau - die teureren Modelle ohne Delrin schalteten teils sogar besser als die Campa Super Record - , aber das Delrin sah "billig" aus, und Viele trafen ihre Entscheidung schon beim ersten Blickkontakt ("Boh nee, Plastik? Geh' mir weg mit Simplex!")

Du findest auch richtig schöne französische Räder aus der Zeit um 1990 (ich fahre z.B. u.a. ein 93'er Peugeot-Cologne aus Reynolds 531, aber Schaltung, Bremsen und Naben sind da schon von Shimano). Für einen komplett französisch aufgebauten Klassiker musst du aber wenigstens bis 1985 zurückgehen. Wenn du was richtig Feines willst, halt die Augen zB offen nach einem Peugeot PY10 oder Pro10 mit viel Spidel-Krams, einem Motobecane C4/5, oder einem Mercier.
 
Zwar war die Fahrradmarke "Cyrill Guimard" für eher einfache Rennsporträder bekannt, zumindest ein Modell dieses Herstellers aber war mit den hochpreisigeren Rädern von Peugeot und Motobecane mindestens auf derselben Stufe. Ein solches ist mir in der vorigen Woche zugefallen; ich habe ich es nun neben das einfache Cyrill Guimard gestellt - der Unterschied ist wirklich frappierend: etwa so, wie der Qualitätssprung von einem Billigst-Bianchi zu einem deren Spitzenmodelle.
Es scheint also so, als hätten Franzosen doch nicht nur im Ricard-Nebel schnellrostenden Müll zusammengelötet.
 
Spätestens mit der ersten Dura-Ace SIS (etwa 1984) waren die europäischen Komponentenhersteller technisch abgehängt, während Shimano regelmäßig Innovationen brachte. Campagnolo hat später wieder den Anschluss gefunden.
Die Franzosen haben sich etwas zu lnge auf ihren Lorbeeren ausgeruht. An den Preisen hat es jedenfalls nicht gelegen. SO einen Billigramsch wie Simplex haben die Japaner damals garnicht angeboten.
Mein Peugeot Galibier von ca. 1989 ist glücklicherweise mit Shimano 600 Ultegra (6400). Problemlose und robuste Technik und ein schöner komfortabler Stahlrahmen aus Reynolds 531.
 
Man muss allerdings auch anmerken, dass es in Frankreich schon ganz lange eine Tradition der massenhaften Industrieproduktion auf technisch mäßigem Niveau gibt. Wenn das mit technologischer Innovation einherging (Jean Prouvé, Citroën,...), dann war das interessant, sonst allenfalls gutes Mittelmaß. Mein Mercier-Alltagsrenner ist so ein Fall: 3 Columbusrohre, schöne Vitus-Ausfallenden, ansonsten okay verarbeitet und nicht mehr. Ursprünglich mit der Arabesque-Gruppe ausgestattet. Hält seit 35 Jahren, ist aber weder eine Augenweide noch ein technisches Schmankerl. Wollte das auch nie sein und spielt daher in einer ganz anderen Liga als die Italiener seiner Zeit.

Die handgemachten Erzeugnisse der "Service de Course"-Abteilungen sind was anderes, aber auch das oben von mir erwähnte Gitane Team Pro ist eher kompromissloses Renngeschäft als raffinierte Preziose à la Cinelli Corsa Extra.

Ich stand letztens unverhofft neben so einem Teil und finde, das hat was.

Geuß, svenski.
 
Nu ja, fairerweise muss man dazusagen dass auch Hersteller wie Colnago eine Menge einfache, unspektakuläre Räder verkauft haben.

... Hatten wir ja vor ein paar Monaten erst noch im Was ist-das-Fred:
Ein echtes Colnago, dass allerdings so unspektakulär- langweilig- dröge daherkam, dass alle Beteiligten zunächst von einer ganz klaren Fälschung ausgegangen sind. "Das is' kein Colnago!" http://www.rennrad-news.de/forum/threads/thema-räder-und-teile-was-ist-das-und-was-ist-es-wert.73322/page-317#post-2384423

Gibt halt von jedem Hersteller echte Sahnehäubchen und auch das Gegenteil...
 
Man muss allerdings auch anmerken, dass es in Frankreich schon ganz lange eine Tradition der massenhaften Industrieproduktion auf technisch mäßigem Niveau gibt. Wenn das mit technologischer Innovation einherging (Jean Prouvé, Citroën,...), dann war das interessant, sonst allenfalls gutes Mittelmaß....

Genau das sind die Stichworte. Als Freund der Konstruktionen von Prouvé und überzeugter CX-Fahrer fände ich ein Rennrad toll, dass damalige französische Ideale, nämlich technische Innovation, Großserientauglichkeit und Ästhetik vereint.

vent: Danke für deine Tipps, die Simplex-Delrin-Schaltung weist genau in diese Richtung. Die DS hatte ja auch ein Kunststoffdach.

LG Jan
 
Genau das sind die Stichworte. Als Freund der Konstruktionen von Prouvé und überzeugter CX-Fahrer fände ich ein Rennrad toll, dass damalige französische Ideale, nämlich technische Innovation, Großserientauglichkeit und Ästhetik vereint.

vent: Danke für deine Tipps, die Simplex-Delrin-Schaltung weist genau in diese Richtung. Die DS hatte ja auch ein Kunststoffdach.

LG Jan

Ich weiß, dass viele hier meine Ansicht darüber nicht teilen, aber Corima hat zu dieser Zeit wunderschöne Monococque-Rahmen hergestellt, die ein unvergleichliches und hochwertiges Design hatten. Das Modell Cougar ist mein absoluter Favorit.

(Dir fehlt übrigens in der Überschrift ein "s". Vielleicht kann man das ja noch irgendwie einfügen.)
 
Ich weiß, dass viele hier meine Ansicht darüber nicht teilen, aber Corima hat zu dieser Zeit wunderschöne Monococque-Rahmen hergestellt, die ein unvergleichliches und hochwertiges Design hatten. Das Modell Cougar ist mein absoluter Favorit.

(Dir fehlt übrigens in der Überschrift ein "s". Vielleicht kann man das ja noch irgendwie einfügen.)
Stimmt, so hört sich's ungewollt rheinisch an... das ist aber wohl was für den Admin, oder?

Das Corima Cougar kannte ich zuvor nicht. Ziemlich spacig, aber das war die DS ja zum Zeitpunkt ihres Erscheinens ebenso...

LG Jan
 


Technische Innovation, naja, ich weiß nicht, wer zuerst auf die Idee kam, Plastikrohre mit Alumuffen zu verbinden, Großserie sicherlich und Ästhetik, die wie immer auch unter dem Thema Geschmack abzuhändeln ist.
 
Was an den französischen Rädern noch französisch war läßt sich sehr gut in den Peugeot Katalogen der 1990er sehen.

Nur in den unteren bis mittleren Preislagen ist es noch tout francais - (Kataloge bei peugeotshow.com oder forum tontonvelo). Spätere SachsHuret oder/Mavic Schaltwerke dieser Zeit sind auch noch in Frankreich hergestellt. Sie haben sogar Indexierung, Mavic hat sogar mal elektrisch geshiftet!!!!!!!

Auch das Vitus Rohr, welches zum Beispiel Motobécane, Mercier und Peugeot bis in die 90er anbieten ist francais. Die Karbonrahmen von Look, Peugeot et al.sind auch francais. Der französische Mittelstand wurde in den 80ern faktisch dahingerafft. Mavic hat offenbar die vielen kleinen Hersteller als Dachmarke unter sich vereint . Stronglight, der erste Anbieter weltweit für Duraluminium Kurbeln, exisitert in einer Nische.

Eine andere Sache ist es, ein rein französisch zusammengesetztes, top- Rad zu finden!

Da stimme ich Crocodillo zu, der die (gute) combination von Peugeot/Reynolds und Shimano erwähnt! Dito für Columbus/Campa aus dem selben Hause!
 
Die große Zeit der Franzosen ist länxt vorbei. Wie schon an vorderer Stelle gescherieben wurde: ab 1977, dem TdF-Sieg von Bernard Thévenet auf Peugeot "tout français" gabs nur noch hin und wieder ein paarmal ein Aufflackern hie und da, da waren die sagenhaften Vitus-Rahmen, ab den End-80ern auch TVT, zwischendrin hie und da Méral und Mavic, die eine zeitlang (quasi zwischen 1980 und ca. 1993) auch mit Komplettgruppen am Start waren und dann vom Imperium des Bernard Tapie und dann der Gruppe Adidas-Salomon übernommen wurden und folgerichtig heute nurmehr vor allem als Klamottenhersteller von sich hören lassen.
Die Fahrradwelt hat den Franzosen viel zu verdanken: die erste Kettenschaltung, die erste Elektroschaltung, die ersten Alurahmen und -komponenten. Aber jeder hat halt irgendwann mal seinen Zenit erreicht. Und jener der Franzosen hielt ja doch recht lange an, so ca. 80 Jahre. Das soll ihnen erstmal einer nachmachen.
 
Noch 1983 hat Laurent Fignon die Tour de France auf Gitane mit Simplex SLJ5000 gewonnen soweit ich es weiß,...

Im Folgejahr dann auf Gitane schon mit Super Record....
 
Die Wahl des Materials haben und hatten die Fahrer so gut wie nie, es wird und wurde
das gefahren was die sponsoren wollten und wer am meisten bezahlt, campa glänzte da
in den späten 70ern und 80ern mehr durch gutes sponsoring denn durch innovation ihrer Produkte.
Rückschlüsse von gefahrenem Profimaterial auf die Qualität zeitgleicher Produkte sind
daher äußerst fragwürdig. Was gefahren wurde war zumindest immer gut.

Laurent Fignon fuhr 83 glaube ich ein simplex slj 6600 aero Schaltwerk und statt schwarzen Modolo
Master Pro wie die anderen fuhr er silberne Modolos Bremsen.
 
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